Mittwoch, 31. August 2011

Südtirol 2011 - Weinverkostung auf dem Marinushof

Vor einer Woche hatten wir Gelegenheit zu einer beeindruckenden Verkostung der Weine und Brände des Marinushofs in Kastelbell-Marein. Link zum Post vom 23.08.2011
Für heute haben wir mit Heiner Pohl, engagierter, prämierter und äußerst sympathischer Obst- und Weinbauer des Marinushofs, eine Weinverkostung abgesprochen, die 'Sauvignon Blanc' zum Thema macht. Südtiroler Winzer erzeugen von dieser Rebsorte nur kleine Mengen, aber keineswegs kleine Weine. Sauvignon Blancs der Region Südtitol haben wir in Vorjahren in außerordentlich hoher Qualität kennengelernt, ohne dass Weine mit vordergründigen oder spektakulären Effekten zu blenden versuchten. Auf die aktuelle Entwicklung sind wir gespannt. An der Verkostung nehmen Kölner Freunde und die Gäste der Nachbarferienwohnung teil.




Der Marinushof ist ein kleines Weingut, das 8.000 - 9.000 Flaschen pro Jahr produziert, die sich auf wenige Rebsorten beschränken. Inhaber Heiner Pohl ist ein Spross des renommierten Köfelguts in Kastelbell, das im Vinschgau zu den Weinbaupionieren zählt. Heiner betreibt eine konsequente Qualitätspolitik. Diese Strategie zahlt sich aus. Das jährlich aktualisierte Standardwerk des italinienischen Weins, "Vini d'Italia" des Gambero Rosso Verlages (in der Kurzform ist der Weinführer gemeint, wenn vom Gambero Rosso gesprochen wird) honoriert diese Qualitätspolitik mit hohen Bewertungen. Neben den Weinen zählen die Brände dieses Weingutes zu den Besten in Südtirol. Link zur Webseite des Marinushofs

Heiner präsentiert zunächst seine beiden Weißweine, den "Venoster", eine Cuvée aus 85 % Riesling und 15 % Weißburgunder, und einen Pinot Grigio aus der kleinen Einzel-Steillage "Pfaffenegg", die Heiner von seinem Vater geerbt hat. Beide Weine sind hervorragend, was ebenso für den wie ein Weißwein ausgebauter Pinot Noir Rosé gilt. Die Qualität bestätigt der Gambero Rosso mit 2 von 3 Bicchieri für alle 3 Weine. 








Die anschließende Themenverkostung des Sauvignon Blancs ist als Blindverkostung von jeweils 2 Weinen in 4 Durchgängen organisiert. Nach jedem Durchgang werden die Weine aufgedeckt.
  • Im 1. Durchgang tritt der Wein vom Ansitz Waldgries 2010 (ca. 11,50 €) gegen einen Mount Nelson 2008 (ca. 13 €), Neuseeland Malborough, an und erhält eindeutig unsere Sympathien.
  • Im 2. Durchgang irritiert uns der Wein im linken Glas mit unharmonischen und aufdringlichen Himbeer-Aromen, die für einen Sauvignon Blanc untypisch sind. Der Wein im rechten Glas ist dezent, aber angenehm harmonisch. Links haben wir einen Jahrgang 2008 des renommierten "Sattlerhofs" in der Steiermark im Glas. Den Wein hat Heiner für fast 40 € eingekauft hat. Im rechten Glas haben wir einen Wein der Winzergenossenschaft St. Pauls, der ausschließlich vom "Gfill Hof" im Jahr 2010 erzeugt ist und lediglich 10 € kostet! 
  • Im 3. Durchgang präsentiert Heiner einen Solaris 2010, eine pilzresistente Neuzüchtung mit Genen des Weißburgunders aus einer kleinen Höhenlage von 1.150 m, gegen einen Sauvignon Blanc 2010 des Popphofs, Marling. Der Solaris ist sympathisch und in sehr kleinen Mengen für ca. 20 € im Handel, aber geschmacklich eher eine Kuriosität. Wir bevorzugen einhellig den Wein des Popphofs, der mit 10 € ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis bietet.
  • Der letzte Durchgang macht es uns wieder nicht leicht. Der Wein im linken Glas ist angenehm, unaufdringlich und reintönig. Im rechten Glas schmecken wir einen sehr stimmigen Wein mit einer dezenten Holznote. Das Ergebnis entschlüsselt einen Sauvignon Blanc des Thurnhofs aus dem Raum Bozen im linken Glas, und im rechten Glas einen weißen Bordeaux,  eine im großen Holzfass ausgebaute Cuvée mit 80 % Sauvignon Blanc und 20 % Semillion. Beide Weine sind sehr gefällig und für lediglich10 € im Handel. Die Entscheidung ist knapp, fällt aber schließlich zu Gunsten des Weins vom Thurnhof aus.
Aus verständlichen Gründen nutzt Heiner die Gelegenheit dieser Verkostung, um zum Abschluss seinen "Flagship-Wein", einen Blauburgunder (auch als Spätburgunder oder Pinot Noir bezeichnet), gegen 3 Konkurrenten antreten zu lassen. Der mit der Höchstbewertung des Gambero Rosso ausgezeichnete  Zweigelt des Marinushofs ist leider bereits ausverkauft.
  • Im 1. Durchgang besteht der 12 Monate im Barrique ausgebaute Blauburgunder 2008 des Marinushofs glänzend gegen einen mehrfach teureren, aber sehr enttäuschenden Burgunder Pommard 2008. Der Burgunder kostet bereitet im Einkauf 40 € und hat zwar eine gute Nase, ist im Geschmack jedoch schmal, sauer, unreif und ohne Finish, obwohl die Flasche bereits lange (vielleicht zu lange?) vor der Verkostung geöffnet worden ist. Der Blauburgunder des Marinushofs hat gegen diesen Konkurrenten ein leichtes Spiel.  
  • Der 2. Durchgang fällt weniger eindeutig aus. Der Blauburgunder 2008 von Hofstätter ist überzeugend, kostet aber immerhin auch ca. 20 €. Der Pinot Noir 2009 des Weingutes "Les Crêtes" in Aosta ist zum Preis von 14 € ein gutes Angebot und von nahezu gleichwertiger Qualität. Vom Blauburgunder des Marinushofs können sich beide nicht absetzen.
Über die hohe Qualität der Verkostung und der vorgestellten südtiroler Weine herrscht einhellige Übereinstimmung. Das günstige Preis-Leistungs-Verhältnis dieser Weine motiviert unsere Einkaufslust zusätzlich. Die kleinen Produktionsmengen dieser hochwertigen Erzeugnisse dürften dafür verantwortlich sein, dass die Weine in Deutschland kaum zu finden sind. Hier haben wir jedoch die Gelegenheit, uns nicht nur mit einem kleinen Vorrat der Erzeugnisse des Marinushofs einzudecken, sondern auch Qualitätsweine weiterer Erzeuger einzukaufen. Heiner betreibt nämlich unter der Bezeichnung "De Gusto" einen Weinhandel. Für uns ist das ein Glücksfall, seitdem die Enoteca in Schlanders nicht mehr besteht.

Im Laufe dieser spannenden Verkostung hat sich inzwischen Hunger eingestellt. Außerdem haben wir heute mit unserem Freundeskreis den letzten gemeinsamen Abend in Südtirol. Unseren Austausch setzen wir in dem benachbarten urigen "Angerguterkeller" mit einer kleinen Mahlzeit und einem "Schüttwein" fort. Unsere Gespräche drehen sich vor allem um die soeben erlebte Verkostung, die wir als ein absolutes Highlight werten.

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