|
Eisacktaler Kellerei |
|
Michaelkapelle (Engelsburg), Kloster Neustift |
|
Kreuzgang Brixener Dom |
Das Bergwetter legt eine Pause ein, die wir für einen Kulturausflug im
Eisacktal nutzen. Von
Seis am Schlern fahren wir ca. 30 km nach Norden zum
Kloster Neustift, in dem wir an einer Führung teilnehmen. Nach einer Stärkung im
Stiftskeller des Klosters besichtigen wir die mittellterliche Altstadt von
Brixen. Seit dem Jahr 901 ist
Brixen Bischofsstadt und im Zeitraum von 1027 bis 1803 Sitz von
Fürstbischöfen, unter denen
Nikolaus von Kues herausragt. Architektur und Bauwerke der Altstadt vermitteln ein beeindruckendes Bild der historischen Bedeutung des Ortes. In der Gegenwart ist die Universitätsstadt
Brixen drittgrößte Stadt Südtirols und Hauptort des
Eisacktals. Auf der Rückfahrt nach
Seis am Schlern besuchen wir die
Eisacktaler Kellerei in
Klausen, um Weine zu verkosten und einzukaufen. Interessante, aber naturgemäß nur oberflächliche Eindrücke unseres Ausflugs motivieren zu weiteren Recherchen, die das Bild erst abrunden.
Kloster Neustift - Fotoserie
|
Übersicht Kloster Neustift |
3 km nördlich von
Brixen liegt inmitten von Weinbergen die große Anlage des im 12. Jahrhundert gegründeten
Augustiner Chorherrenstifts Neustift. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Komplex vielfach aus- und umgebaut. Im 15. Jahrhundert suchte das Kloster nach Ausbruch der
Türkenkriege hinter einer als 'Türkenmauer' bezeichneten Befestigungsanlage Schutz vor dem nach Mitteleuropa drängenden
Osmanischen Reich. Türken kamen nicht nach Neustift, aber die sich im gesamten deutschsprachigen Kulturraum ausbreitetenden
Bauernkriege (1524-1526) ließen
Brixen und das
Kloster Neustift nicht unbehelligt. Unter Führung des legendären
Michael Gaismair, ehemals Sekretär des Brixener
Fürstbischofs, überfielen und plünderten aufständische Bauern 1525 das Kloster (Zeit Online:
Gaismaiers Traum) und leiteten dessen über Jahrhunderte währenden Niedergang ein.
Ferdinand I. konnte die aufständischen Bauern hinhalten.
Gaismair lud er zu vermeintlichen Verhandlungen nach Innsbruck ein und ließ ihn einkerkern. Dieser konnte nach Venedig fliehen und wurde nach mehreren vorausgegangen Attentaten 1532 im Auftrag der Habsburger ermordert. Ob die Mörder aus der Kasse der
Fugger bezahlt wurden, ist unsicher, aber nicht unwahrscheinlich.
|
Kloster Neustift |
Unter
Napoleon Bonaparte fiel Tirol an den Bündnispartner Bayern, der 1807 die
Säkularisation von
Kloster Neustift verfügte. Nach dem Ende der
Napoleonischen Kriege verhandelte der
Wiener Kongress 1814/15 die politische europäische Ordnung. In einem Macht-Monopoly tauschten Bayern und Österreich Tirol gegen Teile von Franken und der Pfalz. 1816 setzte
Kaiser Franz I. die Stifte Marienberg, Neustift,
Wilten und Stams wieder in ihre Rechte und Besitzungen ein.
In der Gegenwart vereint die Klosteranlage Architektur aus Stilepochen der
Romanik und
Gotik sowie des
Barocks und
Rokokos bis zur Moderne. Zu den ältesten Baukörpern zählen Turm der Basilika, Kreuzgang und Michaelskapelle (
Engelsburg), ursprünglich Kapelle des angeschlossenen
Pilgerhospizes.
Kloster Neustift war im Mittelalter eine Zwischenstation für Pilger auf ihrem Weg nach Jerusalem. In der Neuzeit führt der
Südtiroler Jakobsweg über
Kloster Neustift.
|
Kloster Neustift |
Zur knapp einstündigen Klosterführung (7 € pP) versammelt sich eine größere Gruppe im Klosterhof an der Pforte. Das befürchtete Führungschaos stellt sich jedoch nicht ein, weil für deutsch- und italienischsprachige Teilnehmer getrennte Gruppen gebildet werden. Wie so oft bei Führungen nerven auch hier besonders schlaue Teilnehmer, die mit Nachfragen und Ergänzungen Detailwissen vorführen wollen. Unser Guide bleibt cool und leitet souverän durch 4 Stationen seines Programms. Wir starten in Schreibstube und Bibliothek, die zu den Glanzstücken des Klosters zählt. Fotos sind auf den beiden ersten Stationen nicht gestattet. Ein auf der Webseite des Klosters verlinkter
virtueller Rundgang durch das Stift (Flash Player) zeigt u.a. Eindrücke der Bibliothek. Das ebenfalls nur per Führung zu besichtigende Museum des Klosters stellt historische Musikinstrumente, wissenschaftliche Geräte, Globen und Landkarten aus. Dem Museum angegliedert ist eine Pinakothek, in der gotische Flügelaltäre und Tafelbilder von
Friedrich Pacher und seiner Schule, wertvolle Handschriften sowie liturgische Gewänder und Geräte ausgestellt sind.
|
Stiftskirche Kloster Neustift |
Die dreischiffige Stiftskirche
Unserer Lieben Frau geht auf einen 1190 errichteten
romanischen Bau zurück, von dem Turm und Langhaus erhalten sind. Aus dem 15. Jahrhundert stammt der angebaute Chor, dessen Dach das Langhaus überragt und mit farbig glasierten Dachziegeln eingedeckt ist. 1734-38 fand die Barockisierung des Kircheninneren statt. Die Ausstattung möchte einen Ausblick auf die Pracht des
Himmlischen Jerusalems bieten, aber wer kein Fan barocker Kirchenausstattung ist, wird eher Kitsch und gefakten Marmor-Stuck wahrnehmen.
|
Stiftskellerei Neustift |
|
Kreuzgang Kloster Neustift |
Ruhe findet unser Auge in dem um 1200 errichteten Kreuzgang, der zunächst eine flache Decke hatte und im 14. Jahrhundert ein gotisches Kreuzrippengewölbe erhielt. Im 15. Jahrhundert malte
Michael Pacher den Kreuzgang mit spätgotischen Fresken aus, von denen nur noch Fragmente erhalten sind.
Die klostereigene
Stiftskellerei Neustift bietet mit dem
Stiftskeller eine Restauration, in der alle Klosterweine ausgeschenkt und kleine kalte Gerichte angeboten werden. Diese Gelegenheit lassen wir uns nicht entgehen und kehren vor der Weiterfahrt nach
Brixen im
Stiftskeller des Klosters ein.
Rundgang durch die Altstadt von Brixen - Fotoserie
|
Domplatz Brixen mit Lebensbrunnen und Rathaus |
Im Zentrum der überschaubaren Altstadt von
Brixen lieg der Domplatz mit dem
Brixener Dom und weiteren sehenswerten Gebäuden. Beachtenswert ist auf dem Domplatz der vom Schnalstaler Künstler Martin Rainer
(1923–2012)
geschaffene 'Lebensbrunnen' (Nachruf in stol.it:
Martin Rainer gestorben), der verschiedene Lebensphasen des
Menschen und den Kreislauf des Lebens als eine Spirale darstellt, die aus Gottes
Hand entspringt und in Gottes Hand zurückkehrt.
Arn Domplatz grenzen der
Domkreuzgang, 2 historische Laubengassen, die (ehemals fürstbischöfliche)
Hofburg, die
Pfarrkirche St. Michael und weitere historisch bedeutende Gebäude.
|
Brixener Dom |
|
Hauptschiff und Orgelempore |
|
Hauptschiff und Chor |
Nach mehreren Vorgängerbauten wurde der
Brixener Dom Mariae Aufnahme in den Himmel und St. Kassian im 13. Jahrhundert im spätromanischen Stil neu errichtet. In nachfolgenden Jahrhundert erfuhr der Dom etliche Umgestaltungen, ehe er Mitte des 18. Jahrhunderts in mehrjähriger Arbeit von herausragenden Meistern des Tiroler
Barocks umfassend an den barocken Stil angepasst wurde. Im Unterschied zur Stiftskirche des
Klosters Neustift ist Marmor im Dom nicht gefakt, sondern echt und reichlich verbaut. Meisterhafte Handwerkerarbeit, hochwertige Ausstattung und funkelnder Glanz mögen zur Zeit des
Barock ihre Wirkung nicht verfehlt haben, in der Gegenwart schreckt das vermittelte Bild des
Himmlischen Jerusalems eher ab.
An der Außenseite des Doms sind zahlreiche Epitaphe aufgestellt, von denen eines
Oswald von Wolkenstein als
Kreuzritter mit Pilgerbart darstellt. 1408 gab Oswald vor einer Palästinareise den Gedenkstein am
Brixener Dom in Auftrag. Nach Rückkehr (1409/10) aus dem Heiligen Land erwarb er 1411 das Wohnrecht im
Augustiner-Chorherrenstift Neustift bei
Brixen, in dem er 1445 bestattet wurde. Die Entdeckung des lange verschollenen Grabs im
Kloster Neustift war 1973 eine kleine Sensation.
|
Innenhof des Domkreuzgang Brixen |
|
Domkreuzgang Brixen |
Der um einen Hof mit 20 x 20 m Fläche verlaufende
Domkreuzgang setzt sich aus 20 Arkaden zusammen, von denen 15 mit
Fresken bemalt sind. Unbemalte Arkaden galten als profaner Bereich, der
Domschülern und Wanderhändlern vorbehalten war. Der Kreuzgang basiert auf einer vorromanischen Anlage, die mit flachem Pultdach und offenem Dachstuhl gedeckt war. Im 14. Jahrhundert wurden die heutigen Kreuzgratgewölbe eingezogen. Nach dem Umbau übermalten regionale Meister ältere Fresken mit Bibelszenen im gotischen Stil. Die zahlreichen ausdrucksstarken Fresken des Kreuzgangs im Detail zu betrachten würde Stunden kosten. Glücklicherweise ist die Bemalung gut dokumentiert.
Eisacktaler Kellerei in Klausen - Fotoserie
|
Rampe und historischer Parcours in den Keller |
|
Wein-Shop der Eisacktaler Kellerei |
Unsere Fahrt durch das
Eisacktal führt durch den Ort
Klausen, in dem wir auf die
Eisacktaler Kellerei (Genossenschaft) aufmerksam werden. Da wir die Qualität Eisacktaler Weißweine schon lange schätzen, legen wir auf der Rückfahrt einen Zwischenstopp am erst 2014 eröffneten stylischen
Wein-Shop ein und konzentrieren uns auf
Weißweine der 'Klassischen Linie' (Basisweine). Sylvaner, Pinot Grigio und Weißburgunder gefallen uns ausgezeichnet. Mit Preisen unter 8 € pro Flasche ist das Preis-Leistungs-Verhältnis exzellent. Vom
Wein-Shop führt eine Rampe in den Keller entlang eines historischen
Parcours, der einen gerafften Überblick
über die Entwicklung des
Weinbaues im
Eisacktal bietet. Gezeigt werden mittelalterliche Werkzeuge zur Weinverarbeitung,
Urkunden und Dokumente, Weinflaschen und Kunstobjekte aus
unterschiedlichen Epochen.
Es ist schon verblüffend, was man alles im Eisacktal besichtigen kann. Da braucht man gar nicht in eine Weltmetropole zu fahren. Und dabei ist im Eisacktal nicht einmal so viel Trubel. Die Bilder sind sehr schön geworden. Ich fahre immer wieder gerne nach Klausen Italien.
AntwortenLöschen