Der Post dieses Trips fokussiert inhaltlich auf Aspekte der Stadtentwicklung. Verlinkte Fotoserien informieren visuell über unsere Aktivitäten:
Antwerpen inside - Historisches Zentrum - Hafenrundfahrt - Museum aan de Stroom - A42 B&B - Brasserie Dock's Café - Visbistro Mojo
Antwerpen outside - Belle Époque in Zurenborg - Middelheim Park und Museum - Lier, Zimmertum, Uhrenmuseum, Beginenhof
Antwerpen inside - Historisches Zentrum - Hafenrundfahrt - Museum aan de Stroom - A42 B&B - Brasserie Dock's Café - Visbistro Mojo
Antwerpen outside - Belle Époque in Zurenborg - Middelheim Park und Museum - Lier, Zimmertum, Uhrenmuseum, Beginenhof
Geographische Lage der Stadt Antwerpen
Sint-Annatunnel unter der Schelde |
Um die Schifffahrt nicht zu behindern, führen in Antwerpen keine Brücken über die Schelde. Stattdessen verbinden zahlreiche Tunnel die beiden Ufer des Flusses. Eine touristische Attraktion ist der Sint-Annatunnel für Fußgänger und Radfahrer.
Herkunft des Stadtnamens
Brabobrunnen und Rathaus auf dem Grote Markt |
In grauer Vorzeit hauste der grausame Riese Druon Antigon an der Schelde und verlangte von vorbeifahrenden Schiffen Zoll. Schiffern, die den Zoll nicht entrichten wollten oder konnten, hieb Druon Antigon die Hand ab und warf sie in der Schelde. Wie David gegen Goliat wagte nur der römische Legionär Silvius Brabo den Kampf gegen Druon Antigon. Silvius Brabo siegte, hieb dem Riesen eine Hand ab, warf sie in die Schelde und ermöglichte damit die Gründung der Stadt am Platz des Handwurfs.
Handjes an der Fassade des Museums aan de Stroom |
Plausibler ist die Herleitung des Stadtnamens aus dem niederfränkischen Namen 'Andauerpa', der wahrscheinlich auf den Verweis 'an de warp' zurückgeht und sich auf Warften bezieht (angeschüttete Siedlungshügel am Ufer der Scheldebucht). Trotz vergifteter Handsymbolik scheinen Antwerpener Bürger die folkloristische Variante zu bevorzugen. Handsymbole sind in der Stadt allgegenwärtig. Sie zieren u.a. die Fassade des grandiosen Museum aan de Stroom (Fotoserie MAS) und werden als Antwerpse Handjes in Form von Keksen und als Schokolade vertrieben.
Streifzug durch Antwerpens Stadtgeschichte ab dem Mittelalter im Zeitraffer
Burg Het Steen |
Brabobrunnen, Liebfrauenkathedrale |
Spanische Furie 17.08.1585 (anonym) |
- 1291 erhielt Antwerpen Stadtrechte und erlebte dank des Hafens und des Tuchhandels im 14. Jahrhundert eine Blütezeit als europäischer Handelsplatz und als Finanzzentrum.
- Philipp der Kühne wurde von seinem Vater, dem französischen König Johann dem Guten, mit Burgund belehnt. Durch Erbschaft und Kauf erwarb Philipp der Kühne die Freigrafschaft Burgund sowie Flandern. 1430 fiel Antwerpen an Burgund.
- Im Spätmittelalter entwickelte sich die Stadt Brügge zu einem Zentrum der Tuchindustrie und des Fernhandels. 1369 fiel Brügge an das Herzogtums Burgund und wurde Residenzstadt der Burgundischen Herzöge. Wirtschaftlich und kulturell stieg Brügge zu einer der reichsten Städte Europas auf und zum wichtigsten Fernhandelsplatz Flanderns vor Antwerpen.
- Karl der Kühne verstarb 1477 in der Schlacht bei Nancy ohne Nachfolgeregelung. Durch Heirat und Krieg fielen die burgundischen Niederlande an Maximilian I. aus dem Haus Habsburg, dem das Burgundische Erbe nicht in den Schoß fiel, sondern im Burgundischen Erbfolgekrieg (1477-1493) erkämpft wurde.
- Ende des 15. Jahrhunderts versandete Brügges schiffbarer Zugang zur Nordsee. Brügge verlor seine führende Position in Flandern an Antwerpen, verarmte und versank in Bedeutungslosigkeit. Durch den wirtschaftlichen Stillstand blieb der mittelalterliche Stadtkern weitgehend erhalten und wurde erst im 20. Jahrhundert vom Tourismus entdeckt.
- Unter Karl V. (1500-1554) erlebten die 17 Provinzen der Spanischen Niederlande eine Blütezeit, die als 'Goldenes Zeitalter' gilt. Antwerpen stieg zum Zentrum der Handelswelt auf und bildete den Nährboden für barocke Malkunst auf höchstem Niveau. Maler wie Peter Paul Rubens, Anthonis van Dyck, Jacob Jordaens, Jan Brueghel der Ältere und sein Sohn Jan Brueghel der Jüngere waren in Antwerpen tätig.
- Wie ganz Belgien ist Antwerpen aufgrund der früheren Zugehörigkeit zu den Spanischen Niederlanden überwiegend vom römisch-katholischen Christentum geprägt. Der Aufteilung der ehemals 17 Provinzen der Spanischen Niederlande in protestantische Nordprovinzen (heutige Niederlande) und katholische Südprovinzen (heutiges Belgien) ging der durch die Reformation entfachte Achtzigjährige Krieg (1568-1648) der flandrischen Provinzen gegen die katholische spanische Krone voraus.
- Ein als Spanische Furie bezeichnetes Ereignis hat tiefe Spuren im kollektiven Bewußtsein Antwerpener Bürger hinterlassen. Am 4. November 1576 fiel die Spanische Furie über Antwerpen her, damals reichste Stadt der Spanischen Niederlande, und richtete unter den 100.000 Einwohnern ein dreitägiges Massaker an, bei dem 8.000-10.000 Menschen starben und große Werte durch Plünderungen und das Niederbrennen von mehr als 1/3 aller Häuser vernichtet wurden.
- Am 17. August 1585 endete die Belagerung Antwerpens durch Truppen des spanischen Königs Philipp II. mit der Eroberung der Stadt, als deren Folge sich spanische Herrschaft und die Gegenreformation in den südlichen Provinzen der Spanischen Niederlande durchsetzen konnten.
- Der Achtzigjähriger Krieg (1568-1648) mündete in den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Mit dem Westfälischen Frieden von 1648 wurden beide Kriege beendet und Machtsphären neu verteilt. Spanien erkannte die Unabhängigkeit der nördlichen Niederlande an. Der südliche Teil der Niederlande, aus dem im 19. Jahrhundert Belgien hervorging, blieb unter spanischer Herrschaft. In Vereinbarungen des Westfälischen Friedens konnte die Niederlande gegenüber den katholischen spanischen Provinzen eine Scheldeblockade durchsetzen, so dass die Provinzen unter spanischer Herrschaft die Schelde nicht mehr als Schifffahrtsweg zur Nordsee benutzt durften. Weil Seehandel Quelle des Reichtums Antwerpens war, setzte mit der lediglich im Zeitraum 1795-1830 unterbrochenen Scheldeblockade ein wirtschaftlicher Niedergang Antwerpens ein, der bis Mitte des 19. Jahrhunderts anhielt.
- Aufgrund der Scheldeblockade war Antwerpen gezwungen, alternative Einkommensquellen zu erschließen. Dazu zählten die Produktion von Luxusgütern und Handel mit diesen. Die Stadt entwickelte sich zum ehemals weltweit bedeutendsten Zentrum des Buchdrucks sowie zum Weltzentrum des Diamantenhandels und der Diamantenschleiferei. Zu Spitzenzeiten wurden mehr als 80 % aller Rohdiamanten in Antwerpen gehandelt und bearbeitet. In der Gegenwart verlagert sich das Geschäft an andere Plätze der Welt. 60 % des Diamantenhandels findet noch in Antwerpen statt. 1500-1600 Diamantenfirmen beschäftigen mehr als 25.000 Mitarbeiter. Vier Diamantenbörsen setzen jährlich ca. 40 Milliarden Dollar um.
- Mit dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges (1701-1714) gehörte Antwerpen zur Österreichischen Niederlande, bis Napoléon die Stadt mit seinen Truppen 1794 besetzte. Die Scheldeblockade wurde aufgehoben und der Seehandel nahm wieder Schwung auf. Napoléon beabsichtigte, den antwerpener Hafen in einen Militärhafen umzuwandeln, um Großbritannien angreifen zu können. Er ließ den Hafen ausbauen und nahe dem Stadtzentrum um zwei Hafenbecken erweitern (Bonapartedok und Willemdok), an denen sich aktuell das angesagte Stadtviertel Eilandje neu erfindet. Die napoleonische Besatzung endete 1815 mit der Schlacht bei Waterloo (65 km südlich von Antwerpen).
- Nach den napoleonischen Kriegen im Zeitraum 1792-1815 wurde auf dem Wiener Kongress 1814/5 der heutige Beneluxraum zu den neuen Niederlanden vereinigt, so dass Antwerpen von 1815 bis 1830 zum Königreich der Niederlande gehörte.
- In einem von Brüssel ausgehenden Aufstand spalteten sich die südlichen Provinzen von der Niederlande ab, schufen den heutigen Staat Belgien und erklärten Belgien für unabhängig (-> Geschichte Belgiens). Im Londoner Protokoll vom 20. Dezember 1830 erkennen die europäischen Großmächte die Unabhängigkeit Belgiens an. Die 1648 im Westfälischen Frieden verhandelte Scheldeblockade wird zwar aufgehoben, aber die Niederlande erhebt hohe Zölle, mit der sie belgische Seeschifffahrt verhindert.
- 1863 entfallen niederländische Zölle der Scheldeschiffahrt. Als belgischer Hafen erfährt Antwerpen einen neuen Aufschwung, der ein reiches Großbürgertum hervorbringt. Neureiche Antwerpener siedeln sich im neu entstehenden Ortsteil Zurenborg an und stellen ihren Reichtum mit protzigen Bauten ungeniert zur Schau. (Fotoserie Zurenborg - Artikel des Reisemagazins Schwarzaufweiss: Belle Epoque in Zurenborg)
Antworten auf die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang dieser Reichtum auf der als Kongogräuel in die Geschichte eingegangenen brutalen Ausbeutung von Ressourcen in zentralafrikanischen Kolonien Belgiens beruht, bleiben weiteren Recherchen vorbehalten. Sicher ist jedoch, dass unter König Leopold II. in dessen Kolonialgebieten schon für Verdächtigungen und für Bagatellanlässe schärfste Auspeitschungen z.T bis zum Tod üblich waren und bevorzugt Hände abgehackt wurden. - Deutsche Besetzung im Ersten Weltkrieg (1914-1918) wie im Zweiten Weltkrieg (1939-1945) unterbricht Antwerpens Stadtentwicklung. In beiden Kriegen sind in Antwerpen tausende zivile Opfer und starke Zerstörungen der Stadt zu beklagen, für die deutsche Politik und deutsches Militär maßgeblich verantwortlich sind.
- In der Gegenwart ist Antwerpen mit mehr als 500.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Belgiens nach Brüssel. Der Antwerpener Seehafen (Güterumschlag: 208,4 Mio. t im Jahr 2015) gilt nach dem Hafen Rotterdam (Güterumschlag: 466,4 Mio. t im Jahr 2015) als zweitgrößter Hafen Europas und verzeichnet Wachstum.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen