
Trotz ihres Reichtums an historischer Architektur ist
Vaison-la-Romain deutlich weniger bekannt als die Städte
Avignon,
Arles oder
Nîmes, deshalb auch weniger touristisch geprägt und trotzdem sehenswert. Unsere Route nach
Vaison-la-Romain legen wir über den
Mont Ventoux, 1.912 m. Um den von
Kelten als heilig verehrten
Mont Ventoux ranken sich zahlreiche Legenden. Neuzeitlich schreibt die
Tour de France regelmäßig Berglegenden fort.(1)
Francesco Petrarca gilt dank seiner Beschreibung einer Wanderung auf den
Mont Ventoux als Vorläufer des
Alpinismus.(2) Für uns ist der
Mont Ventoux bereits diesen Ausflug wert.
Vaison-la-Romain erleben wir als Steigerung.
Fahrt über Mont Ventoux, 1.912 m - Fotogalerie
Von Süden führen 2 Straßen auf den
Mont Ventoux. Unsere Route über
Sault gilt unter Radfahrern als die am wenigsten anspruchsvolle, was vermutlich auch heute zahlreiche Radfahrer anzieht. Konflikte entstehen nicht, weil für Radfahrer eine eigene Spur reserviert ist. Auf dem Gipfelplateau wird der 'windige Berg' seinem Ruf gerecht. Obwohl in der Ebene kaum Wind geht, weht in der Höhe eine mehr als steife Brise. Bei klarem Wetter reicht die Sicht bis weit in den Alpenraum und bis nach Marseille am Mittelmeer. Heute ist es jedoch nicht klar. Das vorsorglich mitgeführte Teleobjektiv kann im Rucksack bleiben. Nach ausgiebigem Rundblick setzen wir den Weg nach Nord-Westen über
Malaucène fort.
Besichtigung Vaison-la-Romain an der Ouvèze - Fotogalerie
Stadtgeschichte im Zeitraffer

Ein Felssporn über dem Fluss
Ouvèze, die heutige Oberstadt von
Vaison-la-Romain, war bereits während der Jungsteinzeit besiedelt. Im 5. Jh. v. Chr. siedelte sich der
keltische Stamm der
Vocontier in der Region an und errichtete auf dem Hügel ein
Oppidum. Im 2. Jh. v. Chr. setzte die römische Eroberung
Galliens ein. Der Stamm der
Vocontier unterwarf und verbündete sich. Aus dem
Oppidum entwickelte sich die Stadt 'V
asio Vocontiorum', eine blühende römische Niederlassung mit 10.000 Einwohnern (aktuell 6.055 Einwohner am 1. Januar 2014). Römer errichteten eine Infrastruktur mit Theatern, Bädern, Forum, Basilika, Tempeln, Villen, Gärten und einer bis heute genutzten
Brücke über die Ouvèze. Nach Rom eroberten
Franken die Stadt und machten sie zu einem Bischofssitz.
Rundgang in Vaison-la-Romain


Unsere Tour beginnt in der Unterstadt an der
Cathédrale Notre-Dame-de-Nazareth,
romanische Bischofskirche und Kloster des 11. Jh., errichtet über einer
merowingischen Vorgängerkirche des 4. Jh. auf römischen Fundamenten. Apsiden des Chors sind aus der Vorgängerkirche erhalten. Die Innenausstattung der Kirche ist ärmlich, weil Bischöfe die Ausstattung für ihre Paläste plünderten. Vom Kloster, zu dem die Kirche gehörte, ist der Kreuzgang erhalten.

Die antike römische Stadt des 1. und 2. Jh. n. Chr. hatte eine Fläche von ca. 60-70 Hektar, von denen ca. 20% freigelegt und öffentlich zugänglich gemacht werden konnten. Der restliche Teil befindet sich unter der heutigen
Stadtbebauung. Ausgrabungen verteilen sich auf zwei Gelände. Der Puymin-Hügel wurde in der Antike mit Patrizierhäusern, öffentlichen Gärten und einem Theater bebaut.

Das archäologische Museum auf dem Puymin-Hügel stellt Fundstücke der Ausgrabungen aus und zeigt Modelle der ehemaligen Häuser.

Eine neuzeitliche Straße trennt das antike Viertel des Puymin-Hügels vom antiken Viertel Vilasse. Eine von Säulen gesäumte gepflasterte Straße wird als 'Boutiquen-Straße' gedeutet. In diesem römischen Stadtviertel befanden sich neben öffentlichen Thermen großzügige pompejanische Häuser reicher Bürger.

Von der Unterstadt führt die
Römerbrücke in die attraktive mittelalterliche Oberstadt. Vermutlich gibt es viel mehr zu entdecken, als wir bei unserem kurzen Rundgang heute gesehen haben.
Anmerkungen
- Während der Tour de France 1967 brach am 13. Juli 1967 der gedopte englische Radprofi Tom Simpson eineinhalb Kilometer vor dem Gipfel erschöpft zusammen und verstarb noch an der Unglücksstelle.
- In einem Brief vom 26. April 1336 beschreibt Francesco Petrarca,
wie er zusammen mit seinem Bruder den Mont Ventoux bestieg. Die
Schilderung dieser Besteigung gilt als Ausdruck einer
damals neuen Natur- und Landschaftserfahrung, die ästhetische und
kontemplative Sichtweisen miteinander verbindet. Petrarcas Beschreibung
gilt als ein Schlüsselmoment an der Schwelle vom Mittelalter zur
Neuzeit.
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