Museum Reinhard Ernst (mre), Wiesbaden Künstlerkolonie Mathildenhöhe, Darmstadt Kalmit aus Richtung Hohe Loog, Pfälzerwald
Das Wiesbadener Museum Reinhard Ernst (mre) haben wir im Juni 2024 anlässlich der Eröffnung besucht und waren von Architektur und Sammlung begeistert (Post 23.06.2024). Am Eröffnungstag hat Besucherandrang das Vergnügen eingeschränkt. Ein erneuter Besuch zu einer ruhigeren Zeit motiviert zum Programm einer Kurzreise mit jeweils zwei Übernachtungen im Rheingau und in der Pfalz.
Weingut, Restaurant, Hotel Klostermühle im Rheingau - Fotoserie
Die Klostermühle grenzt am nördlichen Ortsrand von Eltville unmittelbar an den Rheingauer Weinlagen Taubenberg und Sandgrub. Die Klostermühle am Kiedrichbach gehörte ab 1218 dem Kloster Eberbach. Im 19. Jahrhundert wurde die Mühle zu einem Weingut umgewandelt, das seit mehr als acht Generationen die Familie Witte betreibt (Historie Klostermühle). In der aus Fachwerkgebäuden bestehenden Hofanlage bietet das Weingut neben Vinothek und Restaurant sechs Gästezimmer, von denen wir eines gebucht haben. Die alten Gebäude sind krumm und schief, haben ausgetretene steile Treppen und die Schiebetür zum Bad unseres Zimmers erfordert Kraft, wenn man sie schließen möchte. Damit haben wir keine Probleme. Wichtiger sind uns das insgesamt hochwertig eingerichtete Zimmer sowie Attraktivität und Ruhe der Umgebung.
Die Hofanlage passt sich mit ihrem holprigen Pflaster dem Charakter der Gebäude an. Sie ist nicht designed und gestylt, aber schön begrünt und vermittelt Geschichte der Region. Wir fühlen uns aufgehoben. Das Wetter lädt nicht zum Dinner im Hof ein, aber das rustikal eingerichtete Restaurant, in dem schmackhafte rustikale Gerichte zu fairen Preisen serviert werden, ist eine gute Alternative (Speisekarte). Von Hofweinen sind wir trotz animierender Preisgestaltung eher enttäuscht.
Ausflug nach Mainz - Fotoserie
Am zweiten Tag unseres Aufenthalts im Rheingau locken uns keine Wanderungen in die Landschaft, sondern wir unternehmen einen Ausflug zur rheinlandpfälzischen Landeshauptstadt Mainz in ca. 20 km Entfernung auf der linken Rheinseite gegenüber der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden. Für 13:00 Uhr haben wir eine zweistündige Altstadtführung gebucht. Bis zur Führung erkunden wir die Altstadt auf eigene Faust und stärken uns vor der Führung im Dom-Café am Markt unmittelbar neben dem Mainzer Dom St. Martin.
Zur Stadtführung versammeln sich am Tourismusbüro 16 Personen vom jugendlichen Alter bis zu Rentnern. Unsere Stadtführerin ist eine ältere Dame kurz vor dem beruflichen
Ruhestand, die die Führung informativ und mit eingestreuten Anekdoten
unterhaltsam gestaltet. Wie oft bei Führungen und schon befürchtet, grätschen in die Führung sowohl Schlaumeier, die gerne eigene Kommentare abgeben, als auch Fragensteller, die mit dümmlichen oder falsch platzierten Fragen den Guide auf die Probe stellen wollen. Die Stadtführerin weiß jedoch damit angemessen umzugehen, ohne aus dem Tritt zu kommen oder Teilnehmer zu brüskieren.
Zu Beginn der Führung verteilt die Stadtführerin an die Teilnehmer die abgebildete Karte Guude (auch Gude) und erklärt die Bedeutung. Ähnlich wie Moin im Norden, ist Guude in Regionen des Mittelrheins, der Mosel und insbesondere in Mainz eine universelle Grußformel, die zu jeder Tageszeit zur Begrüßung und zum Abschied verwendet wird (Wikipedia: Gude). Wieder was gelernt. Wir lernen auch, dass Mainzer ihre Stadt nicht nur für die älteste und bis zum Mittelalter bedeutendste Stadt nördlich der Alpen halten, sondern auch für die lebenswerteste aller deutschen Städte. Wer aus Köln kommt, kennt die gleiche Attitüde von Kölner Einwohnern. Eine andere Parallele betrifft Abwertungen einer wohlhabenden
Nachbarstadt. Kölner fremdeln mit Düsseldorf. Mainzer halten Wiesbadener
für hochnäsige Parvenüs, die sich vermeintlich zu Unrecht für wichtig
halten.
Den inoffiziellen Titel der ältesten Stadt Deutschlands beanspruchen eine Reihe von Städten. Offiziell und beweissicher ist die Frage nicht zu beantworten, weil Kriterien nicht eindeutig sind (Wikipedia: Älteste Städte Deutschlands). Gemessen an der Einwohnerzahl liegt Augusta Treverorum (Trier) bis zum 4. Jahrhundert vorne. Im Hochmittelalter liegt Prag mit 70.000 Einwohnern vor Köln mit 40.000 Einwohnern (Wikipedia: Liste der größten deutschen Städte)
Persönliche Highligts der Altstadtführung:
- Als Stadtbild ist unser Favorit der Mainzer Marktplatz mit angrenzendem romanisch-gotischem Dom St. Martin.
- Historisch spannend ist Vorgänger-Kathedrale St. Johannes, deren Ursprünge bis zum 4. Jahrhundert zurückreichen, die aber aus Gründen der Sicherung archäologischer Funde seit 2017 öffentlich nicht zugänglich ist.
- Ein besonderes Juwel ist die Pfarrkirche St. Stephan, deren ursprünglichen Bau Erzbischof Wiligies 990 auf der höchsten Erhebung der Stadt errichten ließ. Der heutige gotische Nachfolgebau wurde parallel zum Mainzer Dom ab 1267 errichtet und in nachfolgenden Jahrhundert mehrfach erweitert und umgebaut. Während des Zweiten Weltkriegs wurde St. Stephan durch Luftangriffe schwer beschädigt. Chor und Langschiff waren nicht zu restaurieren und wurden neu aufgebaut. Fenster des Neubaus nach historischem Vorbild gestaltete ab 1978 der russisch-französische Maler Marc Chagall (1887-1985). Bis zu seinem Tod konnte Chagall 9 Fenster teilweise eigenhändig fertigstellen. Nach Chagalls Tod vollendeten Glaskünstler seiner Werkstatt die restlichen Fenster.
- Erhaltene Kreuzgänge an St. Stephan und St. Martin machen Geschichte der großen Hauptkirchen sinnlich erfahrbar.
- Zahlreiche aufwendig restaurierte Fachwerkgebäude und lebenswert gestaltete öffentliche Plätze verleihen der Altstadt von Mainz Glanz und ein Flair, das an Städte in Oberitalien erinnert. (Von Mainz könnte sich Köln einiges abschauen. Abgesehen vom Alter Markt stimmen in Köln große Plätze wie Heumarkt, Neumarkt, Ebertplatz, Barbarassaplatz, Friesenplatz, Rudolfplatz, Chlodwigplatz, Eigelstein, Roncalliplatz, Ottoplatz usw. eher traurig. Für intime kleinere Plätze fehlt keineswegs Potenzial (z.B. Griechenmarkt, Rathenauplatz, Karl-Schwering-Platz, Severinskirchplatz, Georgsplatz, Marienplatz, Wallrafplatz, Appellhofplatz, Neusserplatz usw.), aber es fehlt offenbar an Fähigkeiten der Gestaltung oder am Willen.)
Restaurant Gutsschank Baiken - Fotoserie
Das Weingut Domäne Rauenthal ist eine von mehreren Domänen des VDP-Weinguts Kloster Eberbach und liegt inmitten der Weinlage Baiken. Am zweiten Abend unseres Aufenthalts im Rheingau essen wir im Restaurant Baiken des Weinguts. Das bescheiden als Gutsschank deklarierte Restaurant bietet eine Küche, deren Qualität ein Bip Gourmand des Guide Michelin bestätigt. Seit ca. 10 Jahren kehren wir immer wieder hier ein, zuletzt am 22.06.2024 (Fotoserie). Während die Innenräume des Restaurants wenig Charme verbreiten, ist der Außenbereich sehr attraktiv und in der warmen Jahreszeit trotz abgeschiedener Lage ständig ausgebucht, was sicher auch der Küche geschuldet ist. Bei herbstlichem Wetter nehmen wir innen Platz und werden wie immer bestens versorgt. Das Weinangebot ist absolut untadelig. Ca. 50 % höhere Preise als in der Klostermühle sind gerechtfertigt.
Vom Service erfahren wir, dass die letzte Betriebswoche des Restaurants unter dem aktuellen Betreiber läuft. Sternekoch Dirk Schröer übernimmt das Restaurant und wird es nach einer Phase der Umgestaltung zu Beginn des nächsten Jahres neu eröffnen. Wir werden die Entwicklung verfolgen und halten offen, ob wir unter dem neuen Betreiber zurückkehren werden.
UNESCO Weltkulturerbe Künstlerkolonie Mathildenhöhe, Darmstadt - Fotoserie
Vom Rheingau setzen wir unsere Kurzreise in der Pfalz fort und legen die Route mit einem überschaubaren Schlenker über Darmstadt, um die Künstlerkolonie Mathildenhöhe zu besichtigen, deren Architektur-Ensemble seit 2021 als UNESCO Welterbe anerkannt ist. Aufmerksam wurden wir auf die Mathildenhöhe durch Artikel der FAZ anlässlich der Wiedereröffnung der Ausstellungshallen nach zwölfjähriger Sanierung:
- 19.09.2024, Die Kunst kehrt zurück auf die Mathildenhöhe
- 20.09.2024, Ausstellung 4-3-2-1-Darmstadt eröffnet
- 21.09.2024, Ein Juwel, das mehr verdient
1899 rief Großherzog Ernst Ludwig eine Künstlergruppe nach Darmstadt und beauftragte sie als Mäzen mit der Entwicklung zukunftsweisender Bau- und Wohnformen. Die Künstlerkolonie besteht aus zwei Teilbereichen:
- Gemeinschaftshäuser dienten als Werkstätten, Atelier- und Ausstellungsgebäuden. Ab 1914 ergänzte eine Parkanlage den öffentlichen Bereich.
- Die Künstler konnten zu günstigen Preisen Grundstücke erwerben und darauf für eigene Zwecke Wohnhäuser als Musterhäuser errichten. Zusätzlich entstanden für die nicht wohlhabende Bevölkerung Arbeiterhäuser als Musterhäuser.
Ausstellungsgebäude und das Künstlerhaus sind stark vom Jugendstil der Wiener Secession beeinflusst, was vor allem auf den Designer und Architekten Joseph Maria Olbrich zurückzuführen ist, der ab 1897 das Architekturprogramm der Wiener Secession maßgeblich gestaltete. Großherzog Ernst Ludwig holte Olbrich 1900 nach Darmstadt, wo er als einziger Architekt der Künstlerkolonie eine Führungsrolle übernahm, die er bis zu seinem Tod im Jahr 1908 in der Künstlerkolonie ausfüllte. 2006 war Joseph Maria Olbrich eine Ausstellung der Mathildenhöhe gewidmet (Joseph Maria Olbrich Secession Wien – Mathildenhöhe Darmstadt).
Mit dem Ersten Weltkrieg endete zunächst das Experimentierfeld Mathildenhöhe. 1929 wurde die Künstlerkolonie offiziell aufgelöst. Seit 1976 betreut und bespielt das Kulturinstitut Mathildenhöhe Darmstadt die Mathildenhöhe als Gesamtkunstwerk. Das Institut versteht das Architekturensemble der Mathildenhöhe als Wiege moderner Architektur und Vordenker der Bauhausbewegung. Aufgrund unseres Zeitbudgets beschränken wir uns auf einen Rundgang ohne Besuch der aktuellen Ausstellung.
Kallstadter Hof, Kallstadt - Fotoserie
Nach etlichen Jahren Unterbrechung übernachten und speisen wir wieder im Kallstädter Hof. Wir kennen das Hotel aus der Vergangenheit als eine eher einfache Unterkunft für kleine Budgets in einem ehemaligen Winzerhof. An die Küche haben wir positive Erinnerungen. Ein Großbrand zerstörte das Gebäude 2019 vollständig. 2020 wurde der denkmalgeschützte Winzerhof als komfortables Landhotel wiedereröffnet. Besitzer der Immobilie ist ein Kallstadter Unternehmer. Den Hotelbetrieb inkl. Restaurant hat die Mannheimer AVI Gastro GmbH des aus altem süddeutschen Adel stammendem Unternehmerpaars Freiherr und Freifrau von Imhof gepachtet. Ob zur AVI Gastro GmbH neben dem Kallstadter Hof weitere Betriebe gehören, ist unsicher. Auf das Unternehmerpaar ist seit 1989 das Unternehmen von Imhof Immobilien eingetragen. Laut Beschreibung betreibt dieses Unternehmen die Vermittlung sowie die Liegenschaftsverwaltung hochwertiger Immobilien im Raum Mannheim.
Auch wenn der Rahmen nur nach Geschäft klingt, haben wir Hotel und Restaurant engagiert, qualitätsbewusst und preislich moderat erlebt. In einschlägigen Portalen wird der Betrieb unter vergleichbaren Betrieben als Nr. 1 in Kallstadt bewertet. In der Einrichtung des Restaurants erkennen wir nicht übersehbare Anklänge an die Pfälzer Stube des Hotels Krone in Herxheim, allerdings zu günstigeren Preisen. Solange Karl-Emil Kuntz den Küchenbetrieb der Krone verantwortete, waren wir dort über etliche Jahre Stammgäste und können daher vergleichen. Inzwischen stellen wir uns den Kallstadter Hof als bevorzugte Unterkunft für Kurzreisen in die Pfalz vor. Der Service agiert ähnlich wie in der Krone, freundlich und aufmerksam. Das Niveau der Küche im Kallstadter Hof zeigt noch Potenzial und erreicht längst nicht das Niveau der Kronenküche. Verwendete Produkte sind untadelig und Portionen sind für unseren Bedarf eher zu groß, aber die handwerkliche Qualität der Zubereitung ist ausbaufähig. Die moderat kalkulierte Weinkarte gefällt uns. Die Weinauswahl konzentriert sich auf die Region, repräsentiert zahlreiche relevante Pfälzer Weingüter und enthält etliche offene Positionen zu günstigen Preisen. Bei internationalen Weinen bleibt die Auswahl vermutlich mangels Nachfrage zurückhaltend.
Wanderung zur Hohen-Loog-Hütte im Pfälzerwald - Fotoserie
In der Pfalz ist das Wetter wandertauglich. Im Sommer diesen Jahres sind wir auf zwei unterschiedlichen Routen zum Hohe-Loog-Haus am Gipfel der Hohen Loog gewandert. Die relativ einfachen und eher kurzen Touren haben wir in bester Erinnerung und die Attraktivität der vom Pfälzerwald-Verein bewirtschafteten Hütte ist kaum zu überbieten. Eine Herbstwanderung zum Hohe-Loog-Haus drängt sich auf. Auf der Tour verbreiteten der leuchtende bunte Herbstwald, zahlreiche Pilze, bemooste Felsen und noch blühendes Heidekraut eine magische Atmosphäre. Wir sind früh unterwegs und finden problemlos einen Platz in der Hütte. Nach uns reist der Strom der Wanderer nicht ab. Trotz großer Kapazität der Gasträume sind später auch Plätze auf der Außenterrasse belegt.
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