|
Dorfplatz, überbautes Priorhaus, Martin-Rainer-Brunnen |
Auf dem Weg zu einer Wanderung im Pfossental
(Post vom 22.08.2013) unternehmen wir einen Abstecher nach
Karthaus im Schnalstal. Das Dorf ist aus der
Klosteranlage Allerengelberg hervorgenagen, die Mönche des
Kartäuserordens ab 1326 errichteten. 1782 wurde das Kloster im Kontext
josephinischer Reformen aufgehoben, verkauft und zerstückelt. Ein großer Brand ließ im Jahr 1924 von der ehemaligen Klosteranlage nur noch wenig übrig. Erhalten blieben u.a. Teile der großen Klostermauer, innerhalb der mehrere Privathäuser unter Ausnutzung restlicher Bausubstanzen des ehemaligen Klosters errichtet wurden.
Besucher verspüren im Dorf eine besondere Atmosphäre vergangener Zeiten. Wir treffen zwar auf zeitgemäß typische Bauarchitekturen, aber auch auf eine untypische Ortsstruktur, die von der ehemaligen Klosteranlage vorgegeben ist. Bei genauerer Betrachtung ist zu erkennen, dass neben Kirche und Klostermauer einige Reste des ehemaligen Klosters teilweise die aktuelle Bauarchitektur durchdringen. Der historische Klosterhof ist heute Hauptplatz des Dorfes, an dem das Priorhaus erhalten ist. Durch die offene Pforte des Priorhauses gelangen wir in den Innenhof des ehemaligen Klosters, dessen oberer Kreuzgang für hochrangige Kunstausstellungen unter dem Label
'Kunst in der Kartause' genutzt wird.
Diashow der Fotoserie
Rundgang im Dorf Karthaus
|
Klostermauer mit Eingang zur Grotte, Pfarrkirche St. Anna |
|
Pfarrkirche St. Anna |
Das auffälligste Relikt der
Kartause Allerengelberg ist neben der mit dem Kloster entstandenen ehemaligen Gesindekirche 'St. Anna' (heute Pfarrkirche von Karthaus) der erhaltene Abschnitt einer Wehrmauer, die einst das Kloster umgab. Die Zeiten waren nicht friedlich. Klöster übten weltliche Macht aus, sie waren aber auch von weltlicher Macht bedroht und mussten sich schützen. Die Verteidigung des Klosters war Aufgabe von Klosterknechten, die als Gesinde auf der untersten Ebene der hierarchischen Ordnung Laienbrüdern zur Hand gingen, die den praktischen Teil des Alltags organisierten, während Chormönche (Priestermönche) an der Spitze der Hierarchie das spirituelle Leben bestimmten.
|
Ehemalige Klosterküche neben dem Priorhaus |
Weitgehend erhalten ist die ehemalige Klosterküche, an deren Außenmauern drei steinerne Skulpturen auffallen. Ein
'Neidkopf', der den ungebändigten, vom Teufel besessenen Menschen symbolisiert, soll Unheil und Böses abwehren bzw. die in dem Haus lebenden Menschen vor bösen Mächten schützen. Eine vollgefressene Paradiesschlange mit gespaltener Zunge symbolisiert die Sünde der Völlerei und ihre Folgen für das Seelenheil. Der Staufenadler symbolisiert das Recht zur Ausübung von Gerichtsbarkeit, mit dem das Kloster ausgestattet war.
|
Vom Martin Rainer gestaltete Brunnenfiguren in Karthaus |
Besonders beeindruckt sind wir vorm Brunnen des Dorfplatzes mit seinen von Martin Rainer gestalteten Bronzefiguren. Die Figuren zitieren die Gründungsgeschichte des
Kartäuserordens und stellen den
hl. Bruno von Köln (!) mit seinen 6 Gefährten dar, denen der
hl. Hugo, Bischof von Grenoble, im Jahr 1084 erlaubte, eine größere Einsiedelei zu errichten, die
'Große Kartause', aus der später der Orden der
Kartäuser hervorging. Auf dem Rand des Brunnens sind der
hl. Hugo sowie der Kaiser dargestellt (
vermutlich Heinrich IV.), dessen Körperhaltung Ablehnung ausdrückt.
Die noch bis zum 25.08.2013 laufende Ausstellung mit weiteren Arbeiten Martin Rainers hätten wir am 22.08.2013 gerne besucht, aber das Museum ist geschlossen. Am letzten Tag der Ausstellung holen wir den Besuch nach und sind tief beeindruckt.
Kunst in der Kartause - 'Spuren', Martin & Josef Rainer
|
Eingang zur Kunstausstellung in der Kartause |
|
Ausstellungsplakat |
Die Ausstellungsreihe
'Kunst in der Kartause' stellt mit der Ausstellung
'Spuren' (PDF-Dokument) im Zeitraum 20.07.-25.08.2013 Arbeiten des südtiroler Künsters Martin Rainer (1923-2012) und seines Sohns Josef Rainer (geb. 1970) gegenüber.
|
Plakatobjekt |
|
Ausstellung im oberen Kreuzgang |
Als Ausstellungsraum wird vor allem der obere Kreuzgang in dem ehemaligen Kloster genutzt, in dem sich die eher kleinen Arbeiten Martin Rainers in ihrer asketischen Formensprache perfekt einfügen. Die Tafelbilder Josef Rainers zeigen Bezüge zu Arbeiten seines Vaters, erreichen aber nicht die Ausdrucksstärke von dessen Arbeiten.
|
Arbeit von Martin Rainer |
|
'Trauer' von Martin Rainer |
|
Plastik von Josef Rainer |
Einige in Nebenräumen multimedial präsentierte Plastiken Josef Rainers demonstrieren eine Auffassung von Kunst, die sich dem Betrachter nicht allein in der kontemplativen Versenkung erschließen möchte, sondern als Stilelement auch Provokation oder Irritation nutzt, indem sie traditionelle Motive verfremdet oder in verfremdende Kontexte stellt. Erheblich stärker wirken bei uns jedoch Eindrücke von Werken seines Vaters nach.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen