Nach der Führung in der Cantina Tramin im Vorjahr (Post vom 6.07.2017) kehren wir nach Tramin an der Südtiroler Weinstraße zurück, um an einer Betriebsbesichtigung mit Verkostung im Weingut Vigna Kastelaz teilzunehmen. Das Weingut vermarktet sich mit dem Namen der Quereinsteigerin Elena Walch, die als Architektin in das Weingut einheiratete, das Potenzial des Betriebes erkannte, eine Vision des Qualitätsweinbaus entwickelte, das Traditionsweingut umkrempelte, auf einem Teil der Flächen alten Rebbestand gegen
Merlot, Cabernet Sauvignon, Syrah, Chardonnay, Sauvignon Blanc austauschte und in der Gegenwart als "Star-Winzerin" gilt. Werner Walch, Elenas Ehepartner und Erbe des Traditionsweingutes, ließ Elena freie Hand und betreibt im Hintergrund Weinbau im Sinne der Familientradition unter dem Namen Wilhelm Walch. Beide Unternehmenszweige nutzen Betriebseinrichtungen gemeinsam. - Fotoserie
1869 erstand Wilhelm Walch Gebäude eines ehemaligen Jesuitenklosters und gründete das Weingut, das sich in fünfter Generation im Familienbesitz befindet. Zur Betriebsführung stellen sich 16 interessierte Besucher ein, darunter 3 Italiener, deren Führung Elena Walch übernimmt. Als Führer der deutschsprachigen Gruppe stellt sich Felix von Roeder vor. Felix ist Absolvent der Weinbau-Hochschule Geisenheim und verschafft sich per Praktikum weltweit den Feinschliff, mit dem er sich auf die Übernahme der elterlichen Weingutes Freiherr von Roeder Diersburg in der Ortenau im Weinbaugebiet Baden vorbereitet.
Während der unterhaltsamen Führung durch mehrere imposante historische Holzfasskeller vermittelt unser Guide Informationen zum Weingut und seiner Geschichte, zu Methoden und Philosphie der Vinifizierung sowie zum aktuellen Sortiment. Die Kellerführung endet im 2015 neu eingerichteten hochmodernen Gärkeller. Auf motorgesteuerten Schlitten gleiten Trichter und Geräte zu den jeweils zu befüllenden oder zu durchmischenden Maischebehältern. Von einer zentralen Steuerungsanlage erfolgt die Temperaturkontrolle der Gärprozesse in den mit Kühleinrichtungen ausgestatteten doppelwandigen Behältern. Die Anlage gilt als eine der modernsten in Italien.
Da alle Theorie bekanntlich grau ist (wie Goethe im Faust feststellte), schreitet die Gruppe nach 1,5-stündiger Betriebsführung im Garten-Bistro des Weingutes zur Praxis und verkostet unter fachkundiger Kommentierung 4 Weine aus einem Portfolio von nicht weniger als 30 Weinen:
- Chardonny 'Cardellino' 2017 (17,45 €/0,75 l): dezenter Holzeinsatz, fruchtig, klar, gefällig
- Pinot Bianco 'Kristallberg' 2016 (19,60 €/0,75 l): mineralisch, exzellent
- Junger Lagrein 2017 (13,65 €/0,75 l): sortentypisch, aber wenig beeindruckend
- Merlot Riserva Vigna 'Kastelaz' 2014 (37,00 €/0,75 l): beeindruckender Wein eines schwierigen Jahrgangs
Ehe wir die fast 2-stündige Rückreise nach Seis am Schlern per Bus via Bozen antreten, gönnen wir uns im
Garten-Bistro des Weingutes einen Imbiss und verkosten zwei weitere Weine:
- Pinot Grigio Vigna 'Castel Ringberg' 2017 (ca. 20,00 €/0,75 l): elegant, harmonisch
- Cabernet Sauvignon Riserva Vigna 'Castel Ringberg' 2013 (ca. 35,00 €/0,75 l): mächtig, aber benötigt vermutlich noch Reifezeit, um Bestform zu erreichen
Die Verkostung der beiden Spitzenprodukte, Grande Cuvée "Beyond the Clouds" sowie Grande Cuvée "Kermesse" werden wir bei Gelegenheit nachholen.
In der kommenden Woche möchten wir unsere südtiroler Wein-Exkursionen fortsetzen und das Weingut Alois Lageder am Ansitz Löwengang in Magreid besuchen (Post vom 10.07.2018). Alois Lageder gilt nicht nur als Pionier des südtiroler Qualitätsweinbaus, sondern als kunstsinniger Winzer (Südtirol-Portal). Als Sammler und Förderer moderner Kunst engagiert er sich u.a. für das Museion, Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Bozen. Im Weingut finden regelmäßig Konzertabende (Vin-o-Ton) mit zeitgenössicher E-Musik statt.
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