Revival-Fahrt mit dem Bernina Express von Pontresina nach Tirano und zurück

1986 haben wir mit den Eltern eine Bahnfahrt mit dem Bernina Express der Räthischen Bahn von Pontresina in Graubünden nach Tirano im Veltlin der Region Lombardei unternommen. Details dieser Fahrt über die 2.253 m hohe Station Ospizio Bernina am Berninapass sind verblasst, aber wir erinnern uns, dass Hochalpen-Panorama, Kühnheit der Streckenführung und Leistung dieser Schmalspur-Eisenbahn, die mehr als 1.800 m Höhenunterschied ohne Zahnradantrieb überwindet, uns sehr beeindruckt und begeistert haben. - Fotos 1986
Heute wiederholen wir diese Reise. Tickets haben wir mit Blick auf die Wetterprognose online zum Last-Minute-Preis von 138 CHF gebucht (2 Personen, Hin- und Rückfahrt jeweils ca. 50 km inkl. Platzreservierung). Der Buchungsvorgang hakte. Dank freundlicher Hilfe einer Mitarbeiterin des Railservices war die Buchung im 3. Anlauf erfolgreich. Die Route hat sich gegenüber 1988 nicht verändert. Neu sind Panoramawagen seit dem Jahr 2000. 2008 wurden Albula- und Berninalinie als 3. Bahnlinie nach der Semmeringbahn und der Darjeeling Himalayan Railway in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.


Anreise und Bahnfahrt von Pontresina nach Tirano - Fotoserie

Von Glurns im oberen Vinschgau ist Pontresina 82 km entfernt. Trotz Fahrt über den Ofenpass, durch enge Ortschaften im Münstertal und Aufenthalte aufgrund mehrerer einspuriger Baustellen, erreichen wir Pontresina in 1,5 Stunden. Um die Parkuhr am Bahnhof füttern zu können, müssen wir erst einmal Geld in Schweizer Franken wechseln, was am Ticket-Schalter problemlos gelingt. Die Ankunft des Zuges aus St. Moritz ist für 9:52 Uhr angekündigt. Gemäß der fast schon legendären Pünktlichkeit der Räthischen Bahn läuft der Bernina Express um  9:52 Uhr ein.
Der Zug ist voll besetzt, aber dank obligatorischer Platzreservierung muss niemand stehen. Unsere Plätze befinden sich in Fahrtrichtung auf der rechten westlichen Seite, auf der auch die spektakulären Höhepunkte liegen. 1986 konnten wir noch durch geöffnete Fenster der Wagons fotografieren. Fenster von Panoramawagen lassen sich nicht öffnen, sodass Fotos oft Spiegelungen zeigen.

Im gemütlichen Tempo arbeitet sich der Zug in Richtung Berninapass. Trotz starkem Gletscherschwund beindruckt der Morteratschgletscher zwischen Gipfeln des Piz Cambrena, Piz Palü, Piz Zupò, Piz Argient. Der namensgebende Piz Bernina, mit 4.053 m nicht nur höchster Berg in Graubünden, sondern der gesamten Ostalpen, liegt in Wolken. Zwischen dem Schwarzsee und dem Lago Bianco passieren wir die kontinentale Donau-Po-Wasserscheide und erreichen bald darauf die erste Station der Bahnfahrt, den Bahnhof Ospizio Bernina am Lago Bianco, ein Stausee am Berninapass. Mit 2.253 m ü.M. ist dieser Bahnhof die höchstgelegene Bahnstation im Netz der Räthischen Bahn.

Die nächste Station der Reise ist der Bahnhof Alp Grüm auf 2.091 m Höhe, eine nicht an das Straßennetz angebundene beliebte Wanderregion. Für etliche Mitreisende endet hier die Fahrt. Der Bernina Express legt an der Station einen 10-minütigen Fotostop ein. Weiterreisende können den Zug verlassen und machen ausführlich Gebrauch von dieser Option, um die Bahnstation und ihre Umgebung zu fotografieren oder sich auch nur die Beine zu vertreten. Am Bahnhof bietet sich ein weiter Ausblick auf den Palügletscher, den Lagh da Palü und ins Val Poschavio.

Im Schritttempo geht es nun in engen Kehren steil abwärts in das stufenweise abfallende Val Poschavio. Ein weiteres Highlight der Strecke nach Tirano ist der spektakuläre Kreisviadukt von Brusio mit einem Gleisradius von 70 m und einer Neigung von 70 ‰. Nach 2:08 Std. faszinierender Bahnfahrt erreicht der Bernina Express pünktlich den Bahnhof von Tirano. Bis zur Rückfahrt haben wir 2 Stunden Zeit für eine Kurzbesichtigung der Stadt.


Tirano - Fotoserie

Die sympathische lombardische Kleinstadt Tirano im oberen Veltlin blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Bei unserem kurzen Rundgang können wir nur Eindrücke aufnehmen, ohne die Stadtgeschichte zu erkunden. Zunächst besichtigen wir die etwas außerhalb des Zentrums liegende Wallfahrtskirche Basilika Madonna di Tirano, deren bombastische Ausstattung uns nicht beeindruckt, aber viele unbeantwortete Fragen aufwirft. Stärker beeindruckt der anschließende Rundgang durch die Altstadt. Auftraggeber der Bauwerke und Stadtplaner waren offenkundig Ästheten, lassen uns kunstvoll im Stil der Renaissance gestaltete Ensembles von Palazzi um Piazzas vermuten. 30 Grad im Schatten fordern Abkühlung, die wir im Garten des Café de la Gare in Bahnhofsnähe finden. 


Rückreise von Tirano nach Pontresina - Fotoserie
Da der Bernina Express in Tirano endet und startet, steht der Zug schon einige Zeit vor der Abfahrt zum Zusteigen bereit. Unsere reservierten Plätze der Rückfahrt liegen auf der Ostseite, sodass wir die auf der Hinfahrt vernachlässigte Landschaft der östlichen Seite ausführlicher betrachten können. Wie nicht anders zu erwarten war, fährt der Zug pünktlich ab.
Auf der Rückreise muss der Bernina Express von Tirano bis zum Berninapass mehr als 1.800 m klettern. Wir blicken gemütlich aus dem Fenster und sind froh, diesen Anstieg nicht zu Fuß gehen zu müssen. Während der Fahrt wechseln wir für die Aufnahme von Fotos immer wieder zur Westseite. Die Wolkenschicht liegt jetzt höher als auf der Hinfahrt und gibt den Blick auf die höchsten Gipfel frei.

Bei der Ankunft in Pontresina sind wir uns einig: die Fahrt mit dem Bernina Express ist das Highlight unserer diesjährigen Alpen-Sommerreise. Für das nächste Jahr nehmen wir uns vor, den Rest der Weltkulturerbe-Strecke nachzuholen, die Albulalinie.