


Reisen in die niedersächsische Moorlandschaft dokumentieren korrespondierende Online-Reisetagebücher. Dieser Post befasst sich mit generellen Informationen zur Natur- und Kulturlandschaft Emsland,
die über den Landkreis Emsland hinaus als Region am Mittellauf der Ems
im westlichen Niedersachsen und im nordwestlichen NRW liegt.
Landschaftlich bestehen zwischen dem Emsland in Niedersachsen und der
östlichen niederländischen Provinz Drenthe Gemeinsamkeiten der Moorlandschaft. Kulturell
ist das Emsland in der Neuzeit von münsterländischen und
niederländischen Einflüssen geprägt.
Fluss Ems und das Emsland
Die Ems ist ein in NRW entspringender 371 km langer Fluss, von denen 206 km schiffbar sind. 27 km nördlich der Stadt Emden mündet die Ems in die Nordsee. Die Ems wird in drei Abschnitte unterteilt:
- Die Obere Ems durchfließt 156 km zu NRW gehörendes westfälisches Gebiet und erreicht Niedersachsen nördlich der Stadt Rheine.
- Der Mittellauf der Ems (Mittlere Ems) liegt zwischen den Städten Lingen und Papenburg und umfasst die niedersächsischen Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim. Nach Westen grenzen die Landkreise an die niederländische Provinz Drenthe.
- Die Untere Ems erstreckt sich von Papenburg bis zur Nordsee und ist von Gezeiten der Nordsee beeinflusst. Nach Westen verläuft durch die Ems und die Mündungsbucht Dollart die Grenze zur niederländischen Provinz Groningen. Der genau Verlauf der Grenze ist zwischen Deutschland und der Niederlande strittig (Deutsch-Niederländische Grenzfrage).
Landschaft des Emslands
Die gesamte Fläche des Emslands von 2.882 km² ist seit 2018 als einer von 19 Geoparks in Deutschland als Nationaler Geopark Emsland zertifiziert. Die Bezeichnung als Geopark gilt
als Gütesiegel für Landschaften, in denen erdgeschichtliche Phänomene
in besonders eindrucksvoller Weise charakteristisch oder außergewöhnlich
anzutreffen sind. Geoparks vermitteln nicht nur mit spezieller
Infrastruktur geowissenschaftliche Kenntnisse, sondern dienen auch der
wirtschaftlichen Entwicklung strukturschwacher Regionen, insbesondere
durch Förderung von Tourismus. - Portal Geopark Emsland
Die Landschaft des Emslands prägen Moore und Geestrücken. Geest
bezeichnet von eiszeitlichen Moränen im Emsland gebildete hügelige
Sandablagerungen mit relativ unfruchtbarem Boden und ausgedehnten
Heidelandschaften. In Senken zwischen den Hügeln haben sich als Dosen
bezeichnete Hochmoore gebildet. Die Moorlandschaft des Emslands war bis
vor ca. 200 Jahren die größte Moorfläche Europas. Da Moore nicht
landwirtschaftlich nutzbar sind, war die Region nur dünn besiedelt und
galt lange als Armenhaus. Not und das Elend der ersten Siedler, die
Hochmoore nutzten und urbar machten, umschreibt der Spruch „Dem ersten sein Tod, dem zweiten seine Not, dem dritten sein Brot“.
Über Jahrtausende galten Moore als für menschliche Kultur nicht nutzbare, lebensfeindliche Badlands.
Seit mehr als 5000 Jahren ist diese Landschaft auf Geestrücken
besiedelt. Dort lebende Menschen züchteten Schafe und Ziegen und nutzen
Torf der Moore als Energiequelle. Mit zunehmendem Wachstum der
Bevölkerung wurden Moore für Landwirtschaft nutzbar gemacht und werden
seit dem 17. Jahrhundert durch Entwässerung und großflächigen
Torfabbau systematisch beseitigt. Seit dem 19. Jahrhundert ermöglichen
industrielle Methoden Intensivierung der Umgestaltung. Abtorfung geht
mit Zerstörung von Natur und humanen Lebensgrundlagen einher. Das war
bereits in prähistorischen Zeiten so, wenn auch mit weniger
schwerwiegenden Folgen. Inzwischen werden sich Menschen dieses
Sachverhalts zunehmend bewusst und beginnen, Zerstörungsprozesse zu
bremsen und Zerstörung der Landschaft mit Renaturierungsmaßnahmen in
Landschaftsschutzgebieten rückgängig zu machen. Die Wiederherstellung
von Mooren trifft auf widersprüchliche Interessen und gelingt nicht
konfliktfrei.
Einen umfassenden Überblick zur Moorlandschaft des Emsland bietet das Emsland Moormuseum bei Groß Hesepe. Unseren Besuch des Museums beschreibt der Post 27.08.-02.09.2025: Reisetagebuch Naturpark Hümmling im Emsland mit einem Eintrag zum 29.07.2025.
Moore und Torfabbau in Niedersachsen vs. Anforderungen des Klimaschutzes
Hochmoore speisen sich aus Regenwasser, Niedermoore
aus Grundwasser. 73 % aller deutschen Hochmoore und 18 % aller
Niedermoore liegen in
Niedersachsen und haben einen Anteil von 8 % an der Landfläche
Niedersachsens. Neben ihrer Bedeutung als ökologische Nischen für
Biodiversität sind
Moore die effektivsten CO2-Speicher aller Landökosysteme. Moore sind
natürliche Verbündete des Klimaschutzes. Obwohl Moore
nur 3 % der globalen Landfläche ausmachen, speichern naturbelassene
Moore doppelt soviel CO2 wie die zehnfach größere Fläche aller Wälder.
Sobald Torf der
Moore in Kontakt mit Sauerstoff gelangt, entweicht CO2. In Deutschland
entweichen aus entwässerten Mooren jährlich ca. 53 Millionen Tonnen
Klimagase bzw. ca. 7,5 Prozent der gesamten deutschen CO2-Emissionen. Um
in Deutschland das 1,5 Grad-Ziel bis 2050 zu erreichen, müssten
zusätzlich zu anderen Maßnahmen jährlich 50.000 ha Moore wiedervernässt
werden. In Niedersachsen liegen mehr als 90 % aller deutschen Moore.
Dort werden jährlich ca. 11.000 ha renaturiert. (Bund für Umweltschutz
und Naturschutz Deutschland: Moore: Lebensinseln und Klimaschützer - NDR: Verlust von Moorflächen wohl stärker als erwartet)
95
% des Torfabbaus in Deutschland findet in Niedersachsen statt. Andere
Quellen berichten abweichende, aber ähnliche Zahlen. Wie auch immer,
Moore sind in Niedersachsen ein hochpolitisches Thema. Seit 2023 nehmen
Torfabbaugenehmigungen in Niedersachsen drastisch ab. Bis 2035 sollen
80 % aller Abbaugenehmigungen und ab 2047 alle Abbaugenehmigungen bis
auf zwei Ausnahmen ausgelaufen sein. (Umweltforum Osnabrücker Land: Zum Stand des Torfabbaus in Niedersachsen
zum 20.09.2023) Ca. die Hälfte der abgetorften Flächen wird
landwirtschaftlich genutzt und ist für den Klimaschutz verloren. Der
Anteil regenerierter Moorflächen liegt bei 20 % bis 30 %. Gesetzliche
Vorgaben schreiben für die 12 % der für industrielle Torfgewinnung
genutzten niedersächsischen Hochmoorflächen eine Wiedervernässung vor.
(NABU: Die besondere Bedeutung des Moorschutzes in Niedersachsen)
Hümmling



Die bekannteste Geest des Emslands ist der Hümmling, der sich 28 km in Nordsüdrichtung und 14 km in Ostwestrichtung ausdehnt. 42 % der Fläche sind seit 2015 als Naturpark Hümmling ausgewiesen. - Naturpark Hümmling, Charakter Naturpark Hümmling, Der Naturpark im Überblick
Das politisch reglementierte Konzept von Naturparks
ist ähnlich wie Geoparks eine eierlegende Wollmilchsau für
strukturschwache Regionen, die Anforderungen des Schutzes von Natur und
Kultur mit Anforderungen wirtschaftlichen Förderung durch Tourismus
scheinbar als Win-win-Strategie für alle Beteiligte verknüpft, ohne
Nachteile für eine der Anforderungen in Kauf nehmen zu müssen. In der
Realität wird Natur geringere Priorität eingeräumt. Anforderungen von
Tourismus und Natur harmonieren nicht. Immerhin bleiben Anforderungen
des Naturschutzes nicht auf der Strecke, aber sie werden aufgeweicht.
Umgekehrt genießt Tourismus eine vorbildliche Wanderinfrastruktur der
Hümmling-Pfade, die die Seite Tourentipps dokumentiert.
Megalithkultur
Eiszeitliche Gletscher transportierten große Gesteine in die Region. Bronze- und eisenzeitliche Kulturen errichteten aus diesen Findlingen Großsteingräber, von denen zahlreiche aufgrund geringer kultureller Dynamik im Emsland erhalten sind (Portal Emsland: Megalithkultur - Großsteingräber im Emsland). Großsteingräber wurden im Zeitraum 3.500 - 3.000 v.Chr. von der bäuerlichen Trichterbecherkultur errichtet.
Es handelt sich um keine Fürstengräber, sondern um oft über mehrere
Jahrhunderte genutzte Bestattungsorte der lokal ansässigen Bevölkerung.
Volkstümliche Legenden berichten von Riesen als Erbauer der Grabanlagen
und sprechen von Hünengräbern oder Hünenbetten. Die
meisten Großsteingräber existieren bereits lange nicht mehr. Ihre Steine
wurden zerteilt und als Baumaterial genutzt. Im Emsland sind noch 70
Großsteingräber mehr oder weniger vollständig erhalten, aber schon lange
ausgeraubt. Eine als Straße der Megalithkultur ausgeschilderte touristische Route führt im Emsland über 330 km entlang 33 Großsteingräbern. Das Großsteingrab 1 bei Vrees sowie die Großsteingräber
Spahn 1 und Spahn 2 gelten als die am besten erhaltenen Großsteingräber im Emsland.
Die in Wikipedia dokumentierte Aufstellung Liste der norddeutschen Megalithanlagen nach Sprockhoff-Nummern hat der nationalsozialistisch infizierte deutsche Prähistoriker Ernst Sprockhoff
(1892–1967) in den 1920er und 30er Jahren erfasst. 1947 wurde
Sprockhoff zum ordentlichen Professor für Vor- und Frühgeschichte an der
Universität Kiel ernannt und 1958 dort emeritiert. 1955 wurde
Sprockhoff zum korrespondierenden Mitglied der Deutschen Akademie der
Wissenschaften zu Berlin gewählt. Über Unrechtsbewusstsein und
Irrtümer wird nicht berichtet. Der Wikipedia-Eintrag zur Liste
norddeutscher Megalithanlagen verweist auf weitere informative
Web-Seiten. Besonders umfangreich und informativ ist die weltweit Daten
zusammentragende englisch sprachliche Seite The Megalithic Portal. Für Interessierte lohnt sich ein Besuch des Hünengrabmuseums (Hunebedcentrum) in Borger, NL. Auf dem Gelände des Museums liegt die größte Megalithanlage der Niederlande, das Großsteingrab D-27 (Wikipedia: Großsteingrab Borger). Im Umkreis von 2,6 km von Borger befinden sich 10 weitere Großsteingräber.
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