Soviel vorab: Unsere Skepsis, die vor einigen Tagen bei der Durchfahrt aufgekommen ist, hat sich nicht nur sofort in Wohlgefallen aufgelöst, sondern im Laufe der beiden Tage in Begeisterung verwandelt.
Wenn es etwas zu kritisieren gibt, ist es die Verkehrssituation bzw. die Verkehrspolitik, die dem Verkehrsaufkommen der Stadt und der Umgebung nicht gewachsen ist. Die Straßen sind zwar in Vancouver überwiegend als Einbahnstraßen ausgelegt, was sich uns nicht als Vorteil erschlossen hat, sondern im Gegenteil die Orientierung für Ortsunkundige zusätzlich kompliziert. Da wir jedoch mit einem mobilen Navi reisen und das Mietfahrzeug bei der Ankunft zurückgegeben haben, hat uns diese Thematik nicht weiter beschäftigt.
Steamclock in Gastown |
Von der Waterfront ziehen wir weiter in das ehemals heruntergekommene und inzwischen attraktiv sanierte Hafenviertel Gastown, das sich mit Trödelkultur und Gastronomie zu einer typischen Touristenfalle entwickelt hat. Zufällig kommen wir an der berühmten kuriosen "Steamclock" vorbei, die zu jeder vollen Stunde über ihre Dampfpfeifen ein Liedchen pfeift. Wir haben die Melodie als "Frère Jacques" identifi- ziert. Einen Eid werden wir nicht darauf ablegen. Über einen Schlenker durch Chinatown, das sich hier recht nüchtern präsentiert, gelangen wir in das ebenfalls sanierte Yaletown, in dem sich stylisch eingerichtete Cafés, Restaurants und Geschäfte angesiedelt haben und das als Mekka der Yuppies gilt. Das Publikum sortiert zwar sich in den Stadtteilen unter- schiedlich, aber überall pulsierte das pralle Leben einer multikulturellen Metropole. Besonders bunt und schrill ist das Treiben auf der Granville Street, die im Sommer für den Autoverkehr gesperrt ist. Auf mehreren Bühnen finden Konzerte statt, was zusätzlich Straßenmusiker, Gaukler und sonstiges buntes Volk anlockt. Soziale Problemfälle, die es offen- sichtlich auch hier gibt, wirken in dem Kontrast von Wetter und Stimmung besonders grell. Auffällig ist der hohe Anteil von Personen mit asiatischer Abstammung, was Vancouver einen asiatischen Touch gibt. Mehr als 47% der Bevölkerung werden als "visible minority group" eingeordnet.
Samstag, 07.08.2010
Als wir am Morgen aus dem Fenster schauen, müssen wir den Regen als eine
nicht zu ändernde Gegebenheit akzeptieren. Das ist natürlich kein
Grund, unseren Morgenlauf abzusagen. Als Route entscheiden wir uns für
den Abschnitt der "Seawall Promenade" am False Creek zwischen der
Granville Bridge bis zum Stanley Park, in dem wir eine Runde um den "Lost Lagoon" laufen. Die Strecke ist ein Volltreffer,
den wir mit 5 Sternen bewerten. Die Erinnerung an solche Läufe bleibt
für immer lebendig und trägt dazu bei, Vancouver in dem Ranking unserer
"Dream-List" auf einem Spitzenplatz einzuordnen. Kaum vorstellbar, was
dieser Lauf erst bei Sonnenschein bewirkt hätte. Als Souvenir dieses
Laufs schießen wir ein Foto des "Inukshaks" an der Strecke. Im
Nachhinein erkennen wir, dass wir auf einem
Abschnitt der Originalstrecke des Vancouver-Marathons unterwegs waren. Den
Rest der Strecke möchten wir bei Gelegenheit auch noch gerne
kennenlernen. Link auf die Webseite des Vancouver-Marathons
Von Granville Island nehmen wir ein Wasser-Taxi zurück nach Downtown.
Der Stanley Park hat für Vancouver eine
ähnliche Bedeutung wir der Central Park für New York und gehört natürlich ebenfalls zur Strecke des Vancouver Marathons. Hier tummeln sich
Jogger, Biker, Skater, Hiker in einer ca. 40 qkm großen Naturfläche.
Insgesamt soll es 80km Hiking Trails geben, was wir nicht überprüft
haben. Der östliche Teil des Stanley Parks hat typischen Parkcharakter.
Nach Westen hin geht der Park in Regenwald über. Da wir gerade aus dem
Regenwald kommen und uns nur wenig Zeit zur Verfügung steht,
konzentrieren wir uns auf den östlichen Teil und wandern
zu 'Totempfählen' am Brockten Point, mit denen
die Kultur der Ureinwohner (in Kanada als "First Nations" bezeichnet) gewürdigt wird.
Insgesamt lassen sich mehr als 600 Stämme von Ureinwohnern identifizieren. Die hier
aufgestellten 'Totempfähle' sind Repliken kulturell sehr bedeutender Symbole von Haida, Tlingit, Kwakiutle und weiterer Stämme im Gebiet
British Columbia.* (Bei Interesse lohnt ein Besuch der verlinkten
Webseite, die u.a. eine Aufstellung der "First Nation Bands" in BC und
weiterführende Links enthält: Webseite der First Nations in British Columbia
Gegen Ende des Rundgangs verstärkt sich unser Durst, den wir in einem
netten Pub an der Waterfront mit "Granville Island" und "Island Lager"
löschen. Der Waiter verabschiedet uns beim Bezahlen mehrdeutig mit den
Aufforderung: Stay dry! Diesen frommen Spruch reichen wir gerne weiter.
Den letzten Abend unseres Urlaubes wollen wir in einem guten Restaurant genießen und haben für das Restaurant "Le Crocodile" reserviert. Der Name des Restaurants leitet sich von dem sehr renommierten "Au Crocodile" in Straßburg her, was wir für ein gutes Zeichen halten. Tatsächlich hat das Restaurant in Vancouver auch eine französische Ausrichtung, aber in einer konservativen Ausprägung, die Jürgen Dollase in seiner wöchentlichen FAZ-Kolumne regelmäßig als nicht mehr zeitgemäß und ignorant kritisiert, wenn er von Besuchen in französischen Restaurants berichtet. In Vancouver mag das mit dem Einfluss der französischen Kultur in Kanada zusammenhängen, wirft aber im Ergebnis keinen Schatten auf das Bild, das wir von Vancouver gewonnen haben. Wir sind fest entschlossen wiederzukommen und dann ein paar Tage länger zu bleiben. Der Vancouver-Marathon 2012 scheint uns dafür der richtige Anlass zu sein.
* Der Begriff 'Totem' ist irreführend. Ursprünglich handelt es sich um symbolisch überhöhte familiäre Wappenpfähle. 'Totems' symbolisieren dagegen gemeinsame Vorstellungen und soziale Regelsysteme einer Kultur über ihre Herkunft und ihre Verwandtschaftsbeziehungen.
* Der Begriff 'Totem' ist irreführend. Ursprünglich handelt es sich um symbolisch überhöhte familiäre Wappenpfähle. 'Totems' symbolisieren dagegen gemeinsame Vorstellungen und soziale Regelsysteme einer Kultur über ihre Herkunft und ihre Verwandtschaftsbeziehungen.
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