Samstag, 20. Juli 2013

Südtirol 2013 - Falzrohr, Tschars und Vinschgau - mit Blick nach links und rechts auf gestern und heute

Ferienhaus Falzrohr bei Kastelbell-Tschars
Das Ferienhaus Falzrohr in der Region Kastelbell-Tschars kennen wir seit dem Vorjahr. Diese aus dem Standardangebot weit herausragende Unterkunft konnten wir uns auch in diesem Jahr leider erneut nur für eine Woche sichern. Der Falzrohr Hof am Vinschger Sonnenberg ist als Hofanlage einer Streusiedlung einzuordnen, wie sie im gesamten Alpenraum anzutreffen sind. Typisch für den Vinschgau sind die Lage des Hofes zwischen Waalen, (Kanäle eines weit verzweigten Bewässerungssystems) sowie die terrassierten Anbauflächen, auf denen in der Vergangenheit Getreide angebaut wurde. In der Gegenwart dominiert unterhalb einer Höhe von bis zu ca. 1.000 m (darüber liegen Almen) Obstanbau. Während in Nebentälern der Anbau von Beerenfrüchten zunimmt, gewinnt unter Bedingungen der klimatischen Veränderungen der Anbau von Wein im Haupttal an Bedeutung. Im Bozener Becken wird dagegen der Weinbau problematisch, weil unter intensiver Sonneneinwirkung Weine hohe Alkoholwerte erreichen, die für den Geschmack nachteilig sind. Diashow der Fotoserie

Blick auf Tschars vom Stabener Waalweg
Im Umfeld von Klöstern, Burgen und Adelssitzen wuchsen die für den Vinschgau typischen Haufendörfer, die sich, wie auch Tschars, eng an einen Hang des Vinschgauer Tals schmiegen. Das ehemalige Sumpfgebiet im Tal war nicht nutzbar und ließ Siedlungen an die Talhänge rücken, womit sich gleichzeitig die Wehrhaftigkeit der Dörfer erhöhte. Durch den Vinschgau verliefen zwar bereits in der Frühgeschichte Handelsrouten zwischen Süd- und Nordeuropa, aber seit Jahrtausenden zogen immer wieder auch Ethnien und militärische Verbände mit nicht nur friedlichen Absichten durch das Tal. 






Römische Marmorplatte mit Szenen des Mithraskults
Unabhängig von den eigentlichen Motivationen führen Reisende auch Kultur mit sich und tragen zum kulturellen Austausch bei. Im Vinschgau haben sich viele Kulturen zu einer eigenen Kultur vermengt, die sich heute kaum noch auf eine bestimmte Wurzel zurückführen lassen. Als gesichert kann gelten, dass der über mehrere Jahrhunderte dauernde Zeitraum der römischen Besatzung eine herausragende und nachhaltig wirksame Bedeutung für den Vinschgau hatte. Durch den Vinschgau führte ein Abschnitt der Römerstraße ‚Via Claudia Augusta’. Dank dieser gewaltigen Infrastrukturmaßnahme konnte das römische Machtzentrum die Anbindung von Provinzen nördlich der Alpen sicherstellen.
Nur noch wenige Relikte erinnern an die Zeit der römischen Besatzung. Kulturelle Einflüsse sind jedoch nicht zu übersehen, obwohl Südtiroler sich als dem deutschen Kulturraum zugehörig betrachten. In der Gegenwart bleibt die ‚Via Claudia Augusta’ als eine europäische Radroute lebendig. Ein Abschnitt diese Route erschließt Radlern den gesamten Vinschgau zwischen Reschen und Meran mit einem großartigen und absolut vorbildlichen Radweg.

Ausgrabung am Tartscher Bühel bei Mals
Siedlungsspuren sind im Vinschgau bis zur Frühsteinzeit nachgewiesen. Während der Frühgeschichte lagen die Siedlungen bevorzugt auf  erhöhten Plateaus, deren Lage einen gewissen Schutz vor Feinden bot. Juval am Eingang des Schnalstals, Ganglegg bei Schluderns, Tartscher Bühel bei Mals, Kaschlin bei Stilfs oder Schatzknott bei Kortsch sind Beispiele solcher frühen Siedlungsgebiete. Mit Zunahme der Bevölkerungsdichte boten die historischen Siedlungsplätze keine ausreichenden Lebensgrundlagen, so dass an den Talflanken Streusiedlungen entstanden, wie sie noch heute anzutreffen sind. Mit der Besiedlung der Talflanken begann der Bau landwirtschaftlich nutzbarer Terrassen, die aufgrund der Niederschlagsarmut des Vinschgaus nur mittels aufwendiger Bewässerungssysteme bewirtschaftet werden konnten. Beide Maßnahmen erforderten organisierte Kollektivleistungen und die Herausbildung eines speziellen Wasserrechts. Diese Leistungen wurden vermutlich in gemeinwirtschaftlichen Organisationsformen gemäß germanischem Rechtsverständnis erbracht. Für hierarchische Machtstrukturen liegen keine Indizien vor. Reste dieser Kultur sind bis heute erhalten und sichtbar.

1 Kommentar: