Inukshuk von Whistler |
Unsere Route von Banff nach Whistler führt über den "Trans-Canada Highway" (HWY 1). Das transkontinentale kanadische Verbindungssystem ist mit über 7.000 km eine der weltweit längsten Straßenverbindungen. Eine spezielle Webseite umfasst mehr als 3.500 Streckeninformationen: Webseite Trans-Canada Highway
Die Strecke ist recht gut ausgebaut, weitgehend kreuzungsfrei und oft vierspurig. Abschnitte mit Gravel Road bilden die Ausnahme. Unsere Etappe von 800 km konnten wir inkl. Pausen in 11 Stunden bewältigen. Auf dem Weg wurde uns eine Stunde geschenkt, weil die Pacific Standard Time in British Columbia eine Stunde hinter der Mountain Standard Time der Provinz Alberta liegt. Daher liegen zwischen unserem Start um 5:30 Uhr in Banff und der Ankunft in Whistler um 15:30 Uhr nur 10 Stunden.
Die Fahrt war zwar lang, aber trotzdem ein Erlebnis für sich. Mit dem Banff N.P. waren wir ja schon etwas vertraut. Auf der Fahrt konnten wir dann zusätzliche Eindrücke von weiteren Nationalparks aufnehmen wie Yoho, Glacier und Revelstoke. Das sind jeweils wilde, sehr einsame, äußerst eindrucksvolle und nahezu unzugängliche Landschaften. Ortschaften, die kaum diesen Namen verdienen, liegen 50 km und mehr auseinander. Stundenlang gibt es keinen Radioempfang. Für den Mobilfunk gilt das wahrscheinlich ebenfalls, was wir aber nicht überprüft haben. Servicepunkte wie z.B. Tankstellen liegen mitunter weit auseinander, weshalb es Hinweise auf die Distanz bis zur nächsten Tankstelle gibt, die durchaus mehr als 100 km entfernt sein kann.
Zwischen den Rocky Mountains und den Coast Mountains liegt das zentrale Hochland von British Columbia, das den Charakter einer Steppenwüste hat und Ähnlichkeiten mit der Karoo in Südafrika und Namibia aufweist. Obwohl es etliche große Seen gibt, ist dieses Gebiet extrem trocken und im Sommer kann es sehr heiß werden. Die Klimaanlage unseres Autos musste ständig an ihrer Leistungsgrenze arbeiten, um die Fahrt einigermaßen erträglich zu halten. Während unserer Durchreise wüteten in dieser Region viele große Brände. Im Rundfunk wurde von mehr als 700 "Wildfires" gesprochen. Daher hatten wir das zweifelhafte Vergnügen, mehrere Stunden durch eine dunstige Brandwolke zu fahren und konnten aufgrund unserer spärlichen Informationen nicht sicher sein, ob wir überhaupt auf dieser Route durchkommen werden. Auf der Strecke liegen wenige größere Ortschaften wie Golden, Revelstoke, Salmon Arm und Kamloops, von dener keiner einladend auf uns wirkt. Bei Kamloops haben wir gut die Hälfte der Strecke bewältigt. Wir versorgen uns dort nur für ein Picknick, weil wir einige Kilometer weiter am Kamloops Lake eine etwas größere Pause einlegen wollen.
Eine Golfanlage bei Tobiano macht mit einem "Incredible BC Resort" an der "Tobiano Marina" sowie dem Motto "Live, Rest and Play" auf sich aufmerksam. "Sounds good", sagen wir uns und planen hier unsere Pause. Die Realität ist jedoch eine andere. Die Golfanlage sieht wie eine Golfanlage aus, aber das Resort wirkt zumindest von außen sehr hässlich. Eine Marina scheint geplant zu sein, aktuell gibt es jedoch nur einen Bootssteg mit einer Benzinsäule. Am Seeufer liegen ein paar aufgebockte Bretter, die andeutungsweise eine "rest area" bilden. O.K., wir sind wieder einmal auf Marketingsprüche hereingefallen, aber die Pause muss jetzt trotzdem sein.
Landschaftlich eindrucksvoll sind einige Canyons des Fraser Rivers, z.B. der Marble Canyon zwischen Cache Creek und Lillooet und insbesondere der Fraser Canyon zwischen den Ortschaften Lytton und Hope, der sich auf einer Strecke von 100 km durch eine eindrucksvolle Schlucht zwängt. Da wir bereits vorher Richtung Whistler abbiegen mussten, ist uns der Fraser Canyon entgangen. Der Goldrausch im Fraser Valley hat vor erst ca. 150 Jahren eine Besiedlungswelle in British Columbia ausgelöst, die die ansässigen Kulturen verdrängt bzw. weitgehend zerstört hat. Vorher gab es lediglich den Handelsposten "Fort Victoria" auf Vancouver Island, aus dem sich die heutige Hauptstadt von British Columbia entwickelt hat.
Der letzte Abschnitt unserer Fahrt nach Whistler führt uns durch die Coast Mountains. Diese haben einen alpinen Charakter, weshalb wir uns hier gleich heimisch fühlen. Kurz vor Whistler passieren wir noch mehrere schöne Lakes, ehe uns der Inukshuk an der Ortseinfahrt begrüßt. Whistler ist uns als Wintersportort bekannt, aber der Ort boomt offensichtlich auch im Sommer boomt. Whistler setzt sich aus mehreren Ortsteilen zusammen. Das sog. "Village", in dem wir auch wohnen, ist zu 100% touristisch geprägt. Trotzdem ist es durchaus sympathisch auf eine Art und Weise, wie wir sie auch in Zermatt und Saas Fee kennengelernt haben. Ähnlich wie auch in der Schweiz halten sich auffällig viele asiatische Touristen hier auf. Im Unterschied zur Schweiz liegt jedoch das Altersniveau deutlich niedriger. Hier steppt jeden Tag der Bear. Das könnte an der hier im Sommer bevorzugt praktizierten Sportart des Mountainbikings liegen, die hier bevorzugt als Downhill-Mountainbike auf den Strecken betrieben wird, die im Winter die Skipisten bilden. Whistler scheint nicht nur ein Magnet für Skisportler, sondern auch für Mountainbiker zu sein. Letztere sind mindestens so verwegen wie wilde Abfahrtsläufer. Sie sind sportlich fit und jung bis maximal in einem mittleren Alter. Für Seniors, unter die wir uns auch einordnen dürfen, ist das keine geeignete Sportart. In Whistler treffen wir auf eine gute Infrastruktur, die wir heute zunächst für unsere Einkäufe nutzen. Für unseren Bedarf und unsere Vorlieben finden wir hier die besten Voraussetzungen. Da das Wetter o.k. ist, können wir ab morgen wieder unsere Aktivitäten ausdehnen. (Informationen über Whistler auf der offiziellen Webseite)
Mit unserer Unterkunft sind wir ausgesprochen glücklich. Sie liegt gut, ist komfortabel eingerichtet und bietet alles, was wir schätzen, und darüber hinaus auch Dinge, die wir nicht brauchen (z.B. Whirlpool, Geschirrspülmaschine, Mikrowellenherd) oder nicht dringend brauchen, aber durchaus schätzen, wie eine Terrasse und ein Radio mit iPod Docking Station. Unser iPod ist bereits in Betrieb und versorgt uns mit dem von uns bevorzugten Musikprogramm. Ein großes Fernsehgerät steht selbstverständlich auch bereit, aber obwohl wir das kaum für möglich gehalten haben, ist das Fernsehprogramm in den USA und in Kanada noch um einige Klassen schlechter als in Deutschland. Wichtiger ist uns da schon der Internetzugang, der in den USA und in Kanada i.d.R. als Service ohne Zusatzkosten zur Verfügung steht.
Giselas Erkältung hat sich etwas verstärkt, so dass wir aus diesem Grund etwas eingeschränkt sind, aber wir haben den Eindruck, dass der Höhepunkt überschritten ist. Morgen wird zwar leider noch unser Morgenlauf ausfallen, ab dann hoffen wir wieder so weit zu sein. Allerdings befinden wir uns auch hier im "Bear Country"! Dank unserer Ausstattung sind wir vielleicht nicht überlegen, aber zumindest nicht ungeschützt.
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