Dörfer der Cinque Terre gehören mit Porto Venere (Portovenere) und einigen vorgelagerten Inseln zum UNESCO Weltkulturerbe. Dass die beeindruckende ligurische Steilküste dieser Region mit ihren Dörfern einen Besuch wert ist, hat sich offensichtlich weltweit herumgesprochen. Das ist nur einer der Gründe, wegen der unser Aufenthalt an der Küste keine Erfolgs-Story hergibt.
- In Levanto fühlen wir uns nicht umarmt. Der Ort ist eine teilweise schmuddelig wirkende provinzielle Kleinstadt, die Reste ihres historischen kulturellen Erbes verfallen lässt.
- In Levanto vermissten Charme könnten Cinque-Terre-Dörfer ausstrahlen, wenn sie in dieser Reisezeit keine touristischen Hotspots wären, die bewusst Massentourismus anziehen, weil sie von Massentourismus leben. Hierfür bezeichnend ist, dass das Web-Portal Cinque Terre nicht nur in italienischer Sprache auftritt, sondern auch in 6 Fremdsprachen.
- Ursprünglich hatten wir die Absicht, die Dörfer auf einem Küsten-Wanderweg zu besuchen. Dieser ist jedoch mit ausgesetzten Passagen, ruppigen Felsen-Stufen und viel Profil relativ anspruchsvoll. Zwischen den Dörfern liegen jeweils zu überwindende Felsrücken, die teilweise bewaldet, aber auch nackt sind, d.h. Sonne und Hitze ausgesetzt sind. Außerdem sind 2 Passagen aufgrund von Felsstürzen gesperrt und mit Umleitungen versehen, die Distanzen verlängern und Höhenmeter hinzufügen. Attraktive Abschnitte des Wanderwegs erinnern an Prozessionen, in die wir uns nicht einreihen möchten. Glücklicherweise besteht die Option komfortabler Zugänge zu den Dörfern per Cinque Terre Express.
- Tagestemperaturen von bis zu 35 Grad wirken lähmend, weshalb wir Aktiväten auf die erste Tageshälfte beschränken.
Auch wenn uns Hitze und andere Umstände bremsen, bleiben wir nicht inaktiv und unternehmen hier beschriebene Ausflüge und Wanderungen, für die wir mehrmals die Eisenbahn nutzen. Erfreulich sind gute und eng getaktete Verbindungen bei für deutsche Verhältnisse niedrigen Kosten. Z.B. kostete die Verbindung nach La Spezia (ca. 30 km) 5 € oder nach Sestri Levante (ca. 20-25 km) 3,90 €. Die Züge verkehren pünktlich, sind klimatisiert und mit sauberen Toiletten ausgestattet. Man findet alles das, was in unserem öffentlichen Nahverkehr eher unüblich ist. Deutscher Perfektionismus einerseits sowie italienische Schlampigkeit und Anarchie andererseits sind damit nicht widerlegt, aber als Stereotype entlarvt.
Besichtigungen der Cinque Terre per Cinque Terre Express - Fotos Cinque Terre
Wir zäumen das Pferd von hinten auf und fahren mit dem Cinque Terre Express in weniger als 30 Minuten nach Riomaggiore, süd-östlichstes Dorf der Cinque Terre, um uns vor dort mit dem Cinque Terre Express von Ort zu Ort zurück nach Levanto zu bewegen.
Riomaggiores mittelalterliche Struktur ist weitgehend erhalten. An der Küste und entlang einer aufwärts führenden Straße schmiegen sich mehrere Stockwerke hohe, bunte Turmhäuser eng aneinander. Im Ort ist es um diese Tageszeit noch ruhig, aber das wird sich bald ändern. Vom Bahnhof folgen wir der ansteigenden Straße bis zur 1340 errichteten Kirche San Giovanni Battista im Oberdorf. Nach einem Blick in die Kirche geht es auf dem gleichen Weg zurück zum Bahnhof, an dem wir den Zug zum Nachbardorf Manarola nehmen.
Manarola ist nach 2 Minuten Bahnfahrt erreicht. Häuser verteilen sich auf zwei Felsklippen über einer Bucht mit einem kleinen Hafen. Der Hafen bietet nur wenig Platz für Boote ansässiger Fischer, die darum ihre Boote mit einer Seilwinde in den Ort ziehen und auf der Straße parken. Von der Bucht führt ein schon in der Frühe ziemlich belebter Pfad zum Küstenwanderweg.
Mit 4 Minuten Bahnfahrt gelangen wir nach Corniglia, dem mittleren und kleinsten der 5 Dörfer. Corniglia liegt auf einer Klippe ca. 100 m über dem Meer und verfügt über keinen Hafen. Traditionell leben die Einwohner vom Weinbau auf Terrassenfeldern. In der Gegenwart bietet Tourismus zusätzliche Einkünfte. Der Ansturm ist jedoch überschaubar. In den Ort führt eine Treppe mit 377 Stufen, die vermutliche viele Besucher scheuen. Wir durchstreifen den Ort bis zur gotischen Pfarrkriche San Pietro (14. Jh) im oberen Teil des Dorfes. Von einer hinter der Kirche liegenden Terrasse bietet sich ein grandioser Ausblick in Richtung Manarola (Foto links). Um eine Toilette nutzen zu können, gönnen wir uns in einer kleinen Bar des Ortes einen Kaffee, ehe wir die Treppen zurück zum Bahnhof absteigen (Foto rechts).
Weitere 3 Minuten Bahnfahrt bringen uns nach Vernazza, das als das schönste der 5 Dörfer gilt. Entsprechend groß ist der Andrang von Besuchern, wir mittendrin, aber nur ungern. In der Straße des Ortes drängen sich Menschen wie auf Kölner Weihnachtsmärkten. Haupt-Verkehrssprache von Besuchern ist deutsch.
Über dem Dorf thront die mittelalterliche Doria-Burg, die zum Schutz des Küstenabschnittes vor Piratenüberfälle errichtet wurde. Eine enge Treppenanlage führt mit etlichen Stufen zur Burg. Unmittelbar vor der Burg steht ein Kassenhäuschen, an dem willige Besucher abkassiert werden. Wir sind unwillig und kehren um. Von Vernazzo reisen wir zurück nach Levanto. Monterosso ist aus Richtung Levanto das erste und mit 1700 Einwohnern das größte der Dorf der Cinque Terre. Wir lassen Monterosso aus und nehmen uns vor, den Ort am Folgetag per Wanderung ab Levanto zu besuchen.
Am nächsten Tag gehen wir die 3-stündige Wanderung mit mehr als 400 m Höhendifferenz an und wollen mit dem Zug nach Levanto zurückkehren. Nach 1,5 Stunden brechen wir die Wanderung ab und kehren um, weil wir erkennen, dass Monterosso auf dem mühsamen Weg in der Wärme nur mit deutlich mehr als 3 Stunden Gehzeit erreichbar ist. Außerdem warten kurz vor Monterosso technisch anspruchsvolle Passagen und ein steiler Abstieg. Die Vernunft siegt. Auf dem Rückweg treffen wir Wanderer, deren Vernunft zu versagen scheint.
Tunnel-Wanderung von Levanto nach Framura - Fotos der Wanderung
Die Trasse einer stillgelegten ehemaligen einspurigen Eisenbahnlinie führt über 5 bis 6 km durch mehrere längere Tunnels über Bonassola zum Bahnhof von Framura. (Die aktuelle Eisenbahnlinie ist zweispurig und liegt höher am Hang der Steilküste.) Die Route ist bei Radfahrern beliebt. An weitere Wanderer haben wir keine Erinnerung. Eine Tunnelwanderung mag abartig klingen, aber sie schützt vor Hitze und Sonne. Zwischen Tunnelabschnitten bieten sich mehrere großartige Ausblicke auf die Küste. Von Framura könnten wir per Bahn nach Levanto zurückkehren. Wir bevorzugen den Rückweg zu Fuß auf der gleichen Route. Eine über den Bergrücken verlaufende Route ist gesperrt und fällt als Option aus.
Ausflug nach Sestri Levante und Wanderung zur Punta Manara - Fotos des Ausflugs
Von Levanto nehmen wir den Zug nach Sestri Levante. Die sympathische Altstadt der Halbinsel beeindruckt mit liebevoll restaurierten und gepflegten Gebäuden und mit autofreien Gassen. An einer Panificio erstehen wir ein Panini mit Tomaten und Mozzarella, das mit mindestens gleichwertiger Qualität halb so viel kostet wie in Cinque Terra. Weitläufige Strände in zwei Buchten sind keine 'Grillstationen' und vermitteln entspannte Atmosphäre.
Eine aussichtsreiche Küsten-Wanderroute führt von der Altstadt zum Aussichtspunkt Punta Manara. Dank exakter Beschreibung unseres Wanderführers Ligurien (Tour 24) finden wir den versteckt liegenden Einstieg zur Route problemlos und sind unterwegs immer im Bilde.
Bootstour Cinque Terre, Porto Venere (Portovenere), La Spezia - Fotos der Bootstour
Ab Levanto unternehmen wir eine Bootstour (25 € pP) entlang der Küste der Cinque Terre zunächst bis Porto Venere. Nach 1,5 Stunden Aufenthalt reisen wir per Boot weiter zur Provinzhauptstadt La Spezia und von dort mit dem Zug zurück nach Levanto (5 € pP).
Das Boot legt um 9:00 Uhr in Levanto ab und fährt bis auf das Dorf Corniglia, das keinen Hafen hat, jeden Ort der Cinque Terre an. Das Landschaftsbild und die bunten Dörfer erschließen sich vom Wasser deutlich intensiver als an Land. Die Sonne steht jedoch noch tief und verursacht starkes Gegenlicht, was das Fotografieren schwierig macht.
Porto Venere (Portovenere)
Nach 1:50 Std. Fahrzeit erreichen wir Porto Venere und unternehmen dort bis zur Weiterfahrt nach La Spezia einen Rundgang. Die Geschichte dieses wegen seiner strategischen Lage am Golf von La Spezia oft umkämpften Felssporns ist bis zum 1. Jahrhundert zurückzuverfolgen. Ab dem 5. Jahrhundert ist auf dem Felssporn ein Tempel nachgewiesen. Die tief verfeindeten Republiken Genua und Pisa bekämpften sich über fast 200 Jahre kriegerisch. Im 12./13. Jahrhundert errichtete Genua auf dem Felssporn das Kastell Doria als Bollwerk gegen Pisa. In dieser Zeit wurde der Tempel zur gotischen Streifenkirche San Pietro umgebaut. Nach wechselvoller Geschichte ist Porto Venere in der Neuzeit ein touristischer Magnet, der auf dem Wasser von zahlreichen Booten und auf dem Land pausenlos von Bussen angefahren wird. Der von einer Stadtmauer umgebene alte Ortskern konserviert eine dichte mittelalterliche Atmosphäre.
La Spezia
Mit 30 Minuten Bootsfahrt erreichen wir mittags die Provinzhauptstadt La Spezia. Siedlungsspuren am Golf von La Spezia reichen zurück bis zur Bronzezeit. La Spezia betreibt neben einem Industriehafen einen großen Yachthafen und einen Militärhafen. Vater wurde im 2. Weltkrieg zur Marine eingezogen und war u.a. im Mittelmeer im Einsatz. In seinen Erzählungen berichtete er auch von La Spezia.
Der Weg vom Hafen zum Bahnhof führt durch die Stadt und über den überdachten täglichen Lebensmittelmarkt an der Piazza Cavour, der uns an Basare in Usbekistan erinnert, die wir auf unserer Reise an die Seidenstraße besucht haben. Von La Spezia fahren wir mit dem Zug über Bahnhöfe der Cinque Terre entspannt zurück nach Levanto.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen