Freitag, 19. Oktober 2018

Reise an die antike Seidenstraße in Usbekistan im Überblick, 8.-18. Oktober 2018 (Finale Version 21.12.2018)

Abendstimmung an der Mohammed Rahim Khan Medrese, Chiwa Registan Samarkand, Medresen Ulugʻbek, Tilya-Kori, Sher-Dor Gewürze auf dem Kollektivmarkt Buchara

Es kommt nicht häufig vor, aber mitunter erfüllen sich im Leben Träume. Als Jugendlicher war ich derart beeindruckt von der orientalischen Architektur an der antiken Seidenstraße, dass Oasenstädte wie Buchara und Samarkand als Traumziele im Gedächtnis präsent blieben. Im Oktober 2018 wird der Traum zur Realität. Mit unsicheren Erwartungen schließen wir uns der Gruppen-Studienreise Usbekistan Höhepunkte an, für die wir uns nach einem Vergleich von Angeboten mehrerer Veranstalter entschieden haben. Die Reise wird zweifellos spannend. In der Realität sind wir überwältigt von intensiven Erlebnissen einer großartigen Kulturreise zu einem der ältesten Zentren menschlicher Hochkultur. Wer orientalische Romantik erwartet, ist jedoch am falschen Ort. Zentralasien ist eine Region traditionell brutal harter politischer, sozialer, kultureller Kontraste. Wahrnehmungen von Besuchern modellieren komplexe Prozesse mit zahlreichen Variablen, sodass nicht überrascht, wenn diese Kontraste individuell unterschiedlich gesehen und verstanden werden und verdichte Reiseerlebnisse subjektiv geprägt sind.(1) 
Stationen unserer Reise beschreiben Berichte (Posts) und Fotoserien auf die nachfolgende Aufstellung verweist: (-> "Weiterlesen")

Der aktuelle Post fasst Aspekte des Reise-Kontextes im Überblick zusammen. Vertiefende Informationen bieten im Anhang aufgeführte Informations-Quellen(2) sowie zahlreiche verlinkte weitere Quellen und schließlich Posts der Etappen dieser Reise lt. nachfolgender Aufstellung:

Reiseverlauf
Die Reise fand im Zeitraum 8.-18. Oktober statt. In der Hauptreisezeit fliegt 3 x pro Woche eine Maschine der Uzbkistan Airlines nonstop von Frankfurt zur Usbekischen Hauptstadt Taschkent. Die voll besetzte Maschine wurde vor allem von Reisegruppen genutzt. Am Flughafen von Taschkent empfängt uns eine deutsch sprechende einheimische Reiseleiterin, die über den gesamten Zeitraum die Reisegruppe im Inland ebenso kompetent wie sympathisch betreut.
  • Taschkent liegt nördlich der großen Seidenstraße im Nordosten des Landes an der Grenze zu Kasachstan (1 Übernachtung). 
  • Den ersten Höhepunkt an der Seidenstraße erleben wir nach 330 km Busreise in Samarkand. Dschingis Khan und Amir Timur, Mongolenherrscher und Menschenschlächter, haben der Stadt ihren Stempel aufgedrückt. (3 Übernachtungen). 
  • Von Samarkand reisen wir auf der historischen Seidenstraße mit dem Bus 275 km zur 'heiligen Stadt' Buchara, deren Heiligenschein bei genauerer Betrachtung seinen Glanz verliert. (3 Übernachtungen). 
  • Nach 430 km Busreise durch die Kyzylkum-Wüste landen wir im Nord-Westen des Landes in Chiwa nahe der Grenze nach Turkmenistan in einer Welt zwischen Traum und Trauma. (2 Übernachtungen). 
  • Von Urganch (30 km von Chiwa entfernt) fliegen wir über ca. 1.000 km zurück nach Taschkent (1 Übernachtung).

Randbedingungen der Reise
  • Das Wetter war im Reisezeitraum wechselhaft. Sonne, Bewölkung und wenig Regen lösten sich in schneller Folge ab. Die Temperatur lag zwischen 5 Grad und 20 Grad. Prinzipiell herrscht in Usbekistan ein extremes kontinentales Wüstenklima. Je nach Aktivität bestehen unterschiedliche klimatisch günstige Zeitfenster für Reisen nach Usbekistan.
  • Hotels der Übernachtungen übertrafen hinsichtlich Komfort, Lage und Atmosphäre unsere Erwartungen deutlich.
  • Mahlzeiten waren auf Bedürfnisse von Touristen abgestimmt und boten schmackhafte landestypische Gerichte. 
  • 3 Teilnehmer der Gruppe erlitten Magen-Darm-Beschwerden, deren Ursache unerklärt blieb. Dank schneller Einleitung geeigneter Gegenmaßnahmen durch die Reiseleiterin waren Beschwerden nach 2 Tagen weitgehend überwunden.

Usbekistan - NASA-Fotos Uzbekistan
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Usbekistan ist ein junger Staat, der 1924 innerhalb der Sowjetunion als Usbekische Sozialistische Sowjetrepublik entstand. 1991 wurde Usbekistan unabhängig. Die Fläche des Staates beträgt 448.978 km² (Deutschland: 357.385,71 km²). Die schnell wachsende Einwohnerzahl wird für 2016 mit ca. 32 Millionen angegeben (Deutschland: ca. 83 Millionen). Die ländliche Infrastruktur Usbekistans entspricht aktuell dem Niveau eines Entwicklungslandes. In großen Städten finden zahlreiche Projekte zur Verbesserung der Infrastruktur statt. Ob und in welchem Umfang ländliche Regionen an diesen Projekten teilhaben, war abgesehen von Straßenbau und einer Eisenbahnlinie nicht zu erkennen. Der von der UN herausgegebene Index der menschlichen Entwicklung (HDI) gilt als Wohlstandsindex für Staaten.(3) Der Index weist Usbekistan für das Jahr 2017 mit dem HDI-Wert 0,710 auf Rang 105 von 189 aus und ordnet Usbekistan in die Kategorie der Länder mit hoher menschlicher Entwicklung ein (ab HDI-Wert 0,700).(4)

Der Name Usbekistan leitet sich vom Volk der Usbeken ab. Nach offiziellen Angaben bilden Usbeken mit einem Anteil von 71 % die Mehrheit. Die Bevölkerung Usbekistans besteht jedoch aus mehr als 100 Ethnien, die ihre jeweils eigenen Traditionen, Bekleidungsstile und Sprach-Idiome pflegen, ohne dass daraus erkennbare Konflikte resultieren. Usbekistan ist ein säkularer Staat mit Religionsfreiheit. 89 % der Bevölkerung sind sunnitische Muslime. Religion wird vor allem in den Städten eher entspannt und tolerant gegenüber Andersgläubigen praktiziert.

Die Verfassung des Landes ist auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft mit sozialen Garantien und Grundrechtsschutz ausgerichtet. In der Realität besteht jedoch eher ein autokratisches Präsidialsystem. Seit dem Präsidentenwechsel im Jahr 2016 werden Restriktionen und Verbote abgebaut, Meinungsfreiheit gefördert und Korruption bekämpft, um Usbekistan zu einem Rechtsstaat westlicher Prägung zu entwickeln. Lt. dem von Transparency International herausgegebenen Korruptionswahrnehmungsindex liegt Usbekistan im Jahr 2017 mit 22 Punkten (von 100) auf Rang 157 (von 180). Länder mit weniger als 50 Punkten gelten als hoch korrupt.(5)

Dank Bodenschätze erfährt Usbekistan einen international überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Aufschwung und zählt zu den weltweit am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften.(6) Einen nicht unerheblichen Beitrag zum Wachstum erbringt der Ausbau des Kultur- und Wander-Tourismus. Angezogen werden Touristen mit Bildungshintergrund. Die meisten Besucher reisen in geführten Reisegruppen in das Land. Tourismus in Usbekistan profitiert von bedeutenden historischen Oasenstädten der antiken zentralasiatischen Seidenstraße.(7)


Seidenstraße(8)
Seiden- und Gewürz-Routen
Netz antiker transkontinentaler Handels-Routen
Der Begriff Seidenstraße bezeichnet ein antikes Handelsrouten-Netz eines transkontinentalen Fernhandels mit Luxusgütern.(9) Karawanen organisierten über insgesamt ca. 6.400 km auf dem Landweg durch Gebirge, Wüsten und Steppen in Zentralasien mit Hilfe von Kamelen als Lasttiere und Karawansereien als Stützpunkte den Warenhandel zwischen China, Indien und dem Mittelmeerraum. Handelswaren auf dem Weg von Ost nach West waren außer Seide u.a. Pelze, Keramik, Porzellan, Lackgegenstände, Jade, Bronze, Eisen, Gewürze. In der Gegenrichtung transportierten die Karawanen Gold, Glas, Edelsteine, Elfenbein, Parfum, Farbstoffe, Wolle, Textilien aus Europa nach Asien. Mit dem Handel ging ein kultureller Austausch einher. Entlang der Seidenstraße breiteten sich auch Krankheiten aus. Das bekannteste Beispiel ist die Pest.



Zisterne Malik Sordoba an der Karawanserei Rabat-e Malik
Zisterne Malik Sordoba der Karawanserei Rabat-e Malik
Eine Karawanenreise von China bis zum Mittelmeer und wieder zurück dauerte mehrere Jahre. Händler legten üblicherweise Teilstrecken zurück und verkauften ihre Waren auf lokalen Märkten. Dort kauften andere Händler die Waren und transportierten sie in Karawanen entlang der Ost-West-Achse zu weiteren Märkten. Bis zum Zielmarkt wurden Waren mehrfach umgeschlagen, gelagert und zwischengehandelt, was sich im Preis niederschlug und Waren zu Luxusgütern einer Oberschicht machte.







Grenzfluss Amudarja zwischen Usbekistan und Turkmenistan  in der Kysylkum Die mittlere Seidenstraße in Zentralasien zwischen Iran im Westen und China im Osten bildet den Kernabschnitt der Seidenstraße. Hauptrouten der Seidenstraße trafen sich in Transoxanien (Land zwischen den Strömen Amudarja und Syrdarja) in den alten Oasenstädten und Metropolen Samarkand und Buchara, die über Machtzentren hinaus zu den bedeutendsten Handels- und Kulturplätzen in Zentralasien zählten. Architektur von Gebäuden und Plätzen in Samarkand und Buchara zeigt Reichtum und Bedeutung dieser Städte. Eher regionale Bedeutung besaß an einem nördlichen Zweig der Seidenstraße Chiwa als Metropole der Großoase Choresmien am Unterlauf des Amudarjas (antik Oxus).





Transoxanien im Zeitraffer
Vor-islamische Frühzeit
Vor-arabischer, sogdischer Keramik-Kopf, Afrasiab-Museum Samarkand
Sogdischer Keramik-Kopf, Afrasiab-Museum
Handelswege zwischen China und Europa sind mindestens seit Beginn der Bronzezeit nachweisbar. Auf diesen nicht durchgehenden und nicht kontinuierlich genutzten Routen wurden u.a. Kenntnisse über die Metallgewinnung und Metallverarbeitung ausgetauscht. Mit der Ausdehnung des Archämenidenreich (erstes persisches Großreich) vom Mittelmeer bis Zentralasien wurden Baktrien und Sogdien zu persischen Satrapien. Hauptstadt der Provinz Sogdien zwischen den Flüssen Syrdarja und Amudarja (antiker Vorläufer von Usbekistan) war Afrasiab (griechisch 'Marakanda' bzw. 'Μαράκανδα', Vorläufer von Samarkand).
Der persische König Dareios I. ließ im 5. Jahrhundert v. Chr. bereits bestehende Handelswege zu durchgehenden Handelsstraßen ausbauen, die als Vorläufer der Seidenstraße gelten. Mit persischer Kultur breitete sich Zoroastrismus als Religion in Zentralasien aus und wurde erst durch die islamische Expansion verdrängt.


Alexander der Große unterwarf ab 334 v. Chr. in mehreren Feldzügen das Archämenidenreich. Einen Aufstand der Sogden schlug Alexander 329-327 v. Chr. nieder und eroberte Afrasiab (Samarkand). Laut Überlieferung soll Alexander bei der Eroberung der Stadt gesagt haben: „Alles, was ich über die Schönheit dieser Stadt gehört habe, ist wahr - nur dass sie noch viel schöner ist, als ich es mir vorgestellt habe". Nach dem Tod Alexanders des Großen teilten dessen Reich 320 v. Chr. seine militärischen Kommandeure untereinander auf. In den asiatischen Satrapien des Alexanderreiches setzte sich Seleukos I. Nikator als König durch und gründete das Seleukidenreich, das nach seinem Tod allmählich zerfiel, unter Einfluss von Nachbarstaaten geriet und im Jahr 63 v. Chr. in der römischen Provinz Syria aufging.

Die chinesische Expansion nach Westen setzte unter Kaiser Wudi (141–87 v. Chr.) in der Han-Dynastie ein. Mit der chinesischen Expansion verlängerten sich Handelsrouten in Zentralasien nach Osten bis Xi’an, Hauptstadt mehrerer chinesischer Dynastien. Der Austausch von Seide als Handeslware begann ab 115 v. Chr.. Kultureller Austausch auf den Handelsrouten brachte den Buddhismus von Indien nach China.

Samaniden-Mausoleum Buchara, 10. Jh.<
Samaniden-Mausoleum Buchara
Mit dem Untergang des Seleukidenreichs geriet Transoxanien unter wechselnde griechische, römische, iranische, nomadische Einflüsse, bis sich im 3. Jahrhundert das neupersische Großreich der Sassaniden ausbreitete. Trotz vieler Konflikte mit dem oströmischen Reich im Westen sowie im Osten mit Nomadenstämmen, bildete das Sassanidenreich bis zum 7. Jahrhundert eine stabile politische Macht in Zentralasien.
Unter persischer und griechischer Herrschaft gelangten persische und griechische Kultureinflüsse nach Zentralasien. Spuren reichen bis zur Gegenwart. Islamisch umgewidmete zorastrische Feuertempel sind bis in der Gegenwart erhalten.





Islamisierung und türkische Reichsbildung in Transoxanien (Wikipedia: Geschichte Usbekistans)
Reisegruppe in der Juma Moschee, Chiwa
Juma Moschee, Chiwa
"Im Zuge der arabischen Expansion setzte sich ab dem beginnenden 8. Jahrhundert der Islam durch; die damals bestehenden kleinen sogdischen Herrschaften wurden eingegliedert. Nach dem Sieg am Talas über die Chinesen 751 gehörte Transoxanien endgültig zur islamischen Welt. Die folgende Zeit wurde von den Samaniden in Buchara (819 bis 1005) bestimmt. (...)
Dann setzte sich das türkische Element durch, die Khane des Karluken-Stamms regierten in Buchara ab 999 als "Kara-Chaniden". Weiter westlich drängten die Oghusen zwischen Aralsee und Kaspischem Meer nach Süden; sie tauchten 1040 als Seldschuken (...) in Chorassan auf.
Mit der Niederlage der Seldschuken Sultan Sandschars (reg. 1118–1157) in der Katwansteppe bei Samarkand 1141 bestimmten die Choresm-Schahs und ihre Rivalen, die aus China geflohenen Kara Kitai die Politik, bis 1220 die Mongolen kamen. Trotz aller Rivalitäten galt die Epoche vor dem Mongolensturm als eine kulturell sehr hochstehende Zeit mit blühenden Städten und weitreichendem Handel."

Mongolensturm und Timuridenzeit
Ausgrabungsfeld Afrasiab in Google Earth
Ausgrabungsfeld Afrasiab in Google Earth
Mondsichel am Kalon-Minarett, Buchara
Kalon-Minarett in Buchara
Dschingis Khan vereinte mehrere Mongolenstämme und war von 1206 bis 1227 erster mongolischer Großkhan. Unter Dschingis Khan eroberten Mongolen Zentralasien. 1220 fiel zunächst Buchara, das zu dieser Zeit wie Afrasiab (Samarkand) zum Reich des Choresm-Schahs gehörte. Buchara wurde weitgehend zerstört. Vom Kalon-Minarett soll Dschingis Khan so beeindruckt gewesen sein, dass es verschont blieb. Anschließend wurde Afrasiab vollständig zerstört. Alle männlichen Kinder und waffenfähigen Männer ließ Dschingis Khan töten. Mädchen und junge Frauen wurden entführt. Die Restbevölkerung konnte die Stadt nicht wieder neu aufbauen. Afrasiab zerfiel und wurde erst im 14. Jahrhundert südwestlich des alten Siedlungshügels neu aufgebaut. Am Südosthang des Siedlungshügels wurde in der Timuridenzeit die Nekropole Shohizinda errichtet.
Nach Dschingis Khans Tod (1227) wurde das Mongolenreich unter seinen Söhnen aufgeteilt, die das größte Landreich der Geschichte mit einer Fläche von 26.000.000 km² und 100 Millionen Menschen beherrschten. Ab 1260 setzte ein Zerfall des Reichs ein. Der Übergang einiger Mongolenherrscher zum Islam entfachte Konflikte. Machtkämpfe und Bürgerkriege schwächten das aus dem Mongolenreich hervorgegangene Tschagatai-Khanat in Zentralasien und spalteten Transoxanien.


Gur-Emir-Mausoleum, Samarkand
Gur-Emir-Mausoleum, Samarkand
Timur (auch 'Timur Lenk' oder 'Amir Timur'), Begründer der Dynastie der Timuriden, stammte aus niederem mongolischen Adel ab. Timur beteiligte sich an Bürger- und Stammeskriegen in Transoxanien und strebte mit allen Mitteln nach Macht. 1370 rief er sich zum Herrscher in Transoxanien aus und gab sich den Titel eines  Emirs. Innerhalb von 35 Jahren erweiterte Timur seine Macht und übertraf mit bestialischem Gemetzel selbst mongolische Grausamkeiten.(10) Timur verschonte Baumeister und Künstler und deportierte sie nach Transoxanien, um die Städte Samarkand, Buchara, Kesch prachtvoll im persischen Stil ausbauen zu lassen. Samarkand machte Timur zu seiner Hauptstadt und wurde dort im Gur-Emir-Mausoleum bestattet, das als eines der bedeutendsten Architekturdenkmäler dieser Zeit gilt und zum touristischen Standardprogramm in Samarkand zählt. Mit Erbfolgestreigkeiten endetete 1506 die Timuridenherrschaft in Transoxanien.  


Rekonstruktions-Modell des Ulugh-Beg-Observatoriums Zidsch-e Gurkani
Modell Ulugh Beg Observatorium
Ulugʻbek-Medrese am Registan-Platz Samarkand
Ulugh-Beg-Medrese am Registan-Platz Samarkand
Größere Bekanntheit erlangte unter den Nachfahren Timurs Enkel Ulugh Begh, den sein Vater Schah-Ruch als Stadthalter in Samarkand einsetzte. Ulugh Begh beschäftigte sich mit Mathematik und Astronomie und förderte Kunst und Poesie. In Samarkand
gründete er die Ulugh-Beg-Medrese und machte sie als Zentrum der Mathematik und Astronomie zu einer der angesehensten Hochschulen in Zentralasien.(11) Ebenfalls in Samarkand ließ Ulugh Begh für praktische Beobachtungen das Observatorium Gurkani Zidsch errichten. Beobachtungen und präzise Berechnungen dokumentiert die astronomische Abhandlung Zidsch-i-Sultani mit dem ausführlichsten Sternenkatalog seiner Zeit, der die Berechnung von 992 dort ermittelten Sternenpositionen aufführt.(12)
Als Politiker war Ulugh Begh nicht erfolgreich. Nach dem Tod seines Vaters Schah-Ruch im Jahr 1447 wurde Ulugh Begh in Streitigkeiten verwickelt, 1449 von seinem Sohn Abd al-Latif gestürzt und auf einer Pilgerreise ermordert. Erbstreitigkeiten führten 1450 zur Ermordung Abd al-Latifs.


Usbekenreich, russische Herrschaft, Gegenwart
Russische Truppen erobern Chiwa, Wassili Wassiljewitsch Wereschtschagin, 1871
Die Zarenarmee erobert Chiwa, Wereschtschagin, 1871
Ab 1447 drangen von mongolischen Khanen geführte nomadische Stämme aus Westsibirien in Transoxanien ein, verschmolzen mit dort sesshaften Turkvölkern, etablierten eine als Usbeken bezeichnete Stammesförderation und errichteten das Usbeken-Khanat mit Buchara als Hauptstadt. Aufgrund innerer Konflikte zerfiel das Usbeken-Khanat in 3 Khanate, die bis zum 19./20. Jahrhundert bestanden: Khanat Kokand, Khanat Chiwa, Emirat Buchara.
Der Reichtum Zentralasien weckte Begehrlichkeiten im russischen Zarenreich, das im Zeitraum von 1852 bis 1884 die Region kolonialisierte und die Khanate als Protektorate in das Zarenreich eingliederte.



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Flagge Usbekische SSR
Nach der Russischen Revolution entstanden zunächst mehrere Staatsgebilde, die bis 1922 von der Roten Armee erobert wurden. Frauen legten Gesichtsschleier ab und verbrannten sie. Die Sowjets schaften Emirate und Khanate ab und ersetzten sie 1925 durch die Usbekische SSR. In der sowjetischen Ära begannen umfassende Restaurierungen kulturell wertvoller historischer Architekturen, andererseits wurde das Land als Rohstoff-Quelle (Baumwolle, Erdöl, Erdgas usw.) ausgebeutet und verwüstet. Aufgrund rücksichtsloser Ausnutzung von Wasserressourcen versteppt das Land. Die Verlandung, Versalzung und Vergiftung des Aralsees ist ein sowjetisches Erbe und gilt als eine der größten von Menschen verursachten Umweltkatastrophen.

Amir Timur Denkmal vor dem Amir Timur Museum in Taschkent
Timur-Denkmal vor dem Timur-Museum in Taschkent
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Flagge Usbekistans seit 1991
Am 1. September 1991 erklärte Usbekistan seine Unabhängigkeit. Nach schwierigem Start sind Versorgungsprobleme und Grenzstreitigkeiten mit Nachbarstaaten weitgehend beigelegt. Von außen schwer nachvollziehbar ist in der Gegenwart die Verklärung des blutrünstigen Herrschers Timur als Nationalheld, zumal Usbeken erst nach dessen Tod Transoxanien besiedelten. Welche Resonanz die von der politischen Führung angeordnete Timur-Verehrung mit Denkmälern, Museen, Plätzen und Straßenbezeichnungen in der Bevölkerung findet, konnten wir nicht erkennen.(13)

Usbekistan ist umgeben von Nachbarstaaten, in denen starke radikal-islamische Kräfte wirken, die sich auch in Usbekistan auszubreiten versuchen und von der politschen Führung mit drastischen Mitteln bekämpft werden. In welcher Größenordnung islamischer Terrorismus eine Gefahr für Usbekistan darstellt, ist undurchsichtig und darum aus der Distanz kaum zu bewerten.(14) Ein Beitrag im Deutschlandfunk vom 7.11.2016 behauptet, dass in Usbekistan der Boden für eine Rückkehr zum Islamismus bereitet sei und eine hohe Bereitschaft zum Anschluss an den radikalen Islamismus als eine deutliche Gefahr ernst zu nehmen sei.(15) Lt. aktueller Travel Risk Map gilt Usbekistan als ein relativ sicheres Reiseland.


Anmerkungen
  1. Kulturelle Studienreisen vermitteln Informationen zur Wahrnehmung und zum Verständnis von Kulturen. Das Paket des Reiseveranstalters verschafft Zugang zur Kultur einer Region. Eine professionelle Reiseleitung bietet Schlüssel zum Verständnis einer Kultur an. Individuelle Reisebedingungen sind an Reiseerfahrungen beteiligt. Reiseerfahrungen entstehen jedoch nicht allein durch Außeneinflüsse, sondern basieren auf mehr oder weniger unbewussten subjektiven individuellen Voraussetzungen (bei Besuchern und bei Reiseleitern), wie Sozialisation, Vorwissen, Interessen, Werthaltungen, Vorlieben, Abneigungen etc.. Diese filtern und gewichten Informationen, bereiten sie im Sinne von 'Wahrnehmung' auf, beeinflussen subjektive Bewertungen und empfundene Erlebnisqualitäten und bestimmen die Intensität individueller Recherchen und Nachforschungen.
  2. Usbekistan im Web:
    Eine umfangreiche Dokumentation zur Geschichte Zentralasiens stellt die UNESCO Digital Library in 6 Bänden online und als downloadbare PDF-Dokumente bereit (in englischer Sprache): History of Civilizations of Central Asia
    + Informations-Portale

      - Länder-Informations-Portal der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit: Usbekistan
      - Auswärtiges Amt: Usbekistan: Reise und Sicherheitshinweise
      - Reisemedizin-Portal: Usbekistan
      - Offizielles usbekisches Tourismusportal in deutscher Sprache: Uzbekistan
      - Stfitung Novastan, Web-Magazin zur Kultur in Zentralasien: Usbekistan
      - Asien.net: Usbekistan - Reisen, Reiseführer, Tourismus
      - Reiserat: Usbekistan
      - Wiki Voyage: Usbekistan
    + Private Webseiten

      - Oybek Ostanov: Usbekistan - Das Herz der Seidenstraße
      - Bernhard Peter: Kultur in Usbekistan
      - Joachim Beneke: Usbekistan
    + Artikel in Printmedien
      - FAZ: Auf der Seidenstraße durch Usbekistan
      - FAZ: Minarette, Moscheen und Medresen
      - Zeit: Usbekistan - Wo Märchen herrschen
      - SZ:   Legendäre Reiserouten: Usbekistan
      - Welt: Usbekistan - muslimisch und doch erstaunlich offen
      - Welt: Wo Lehrer und Ärzte zu Baumwoll-Sklaven werden
      - Spiegel: Auf der Seidenstraaße durch Usbekistan
      - Spiegel: Entlang der alten Seidenstraße
      - Spiegel: Fotostrecke - Schätze von Samarkand
    + Filme

       - YouTube - Arte Doku 2016, 43 Minuten: Usbekistan - Auf der Seidenstraße unterwegs
  3. Der Index der menschlichen Entwicklung (HDI) setzt sich aus den Faktoren Brutto-National-Einkommen pro Kopf (BNE), Lebenserwartung und Ausbildungsdauer zusammen. Die Auswahl der Faktoren und ihre Gewichtung werden kontrovers diskutiert. 
  4. Deutschland liegt im Jahr 2017 mit dem HDI-Wert 0,936 auf Rang 5 und fällt in die Kategorie der Länder mit sehr hoher menschlicher Entwicklung (ab HDI-Wert 0,800).
  5. Der zusammengesetzte Korruptionswahrnehmungsindex stützt sich auf Umfragen und Untersuchungen unabhängiger Institute und listet Länder nach dem Grad, in dem dort Korruption bei Amtsträgern und Politikern wahrgenommen wird. Der Index ist kein direktes Maß für tatsächlich stattfindende Korruption, sondern bildet die Meinung Befragter über angenommene Korruption ab. Gültigkeit und Verlässlichkeit der Datenbasis sind Gegenstand von Kritik.
    In Europa sind die Balkanstaaten, Russland, Weißrussland und die Ukraine mit weniger als 50 Punkten ausgewiesen. Deutschland liegt mit 81 Punkten auf Rang 12.  
  6. Die Steigerung des Bruttoinlandsprodukts liegt in Usbekistan in den Jahren 2013-2016 zwischen 0,79 % und 0,80 % und beträgt 5,30 % im Jahr 2017 (Wikipedia: Liste der Länder nach Wirtschaftswachstum).
  7. Über die politische Bedeutung des Tourismus in Usbekistan informiert die Webseite der Botschaft Usbekistans in Deutschland: Der Tourismus - ein wichtiger Wirtschaftszweig in Usbekistan
  8. Ausführliche Informationen:
  9. Die Bezeichnung 'Seidenstraße' ist erst im 19. Jahrhundert aufgekommen und geht auf den deutschen Geografen Ferdinand von Richthofen zurück. 
  10. Bei der Eroberung von Isfahan wurden 28 Schädeltürme von vermutlich 70.000 Enthaupteten gezählt. In der persischen Stadt Isfizar ließ Timur 2.000 Menschen lebendig einmauern. In Delhi ließ er 100.000 Hindus strangulieren und in Bagdad 90.000 Araber ermorden. Insgesamt gehen mehrere Millionen Opfer auf Timurs Konto. 
  11. Ulugh Beg stellte die Wissenschaft über die Religion. Islamische Geistlichkeit brachte er gegen sich auf mit der Aussage: „Die Religionen zerstreuen sich wie Nebel, die Zarenreiche zerstören sich von selbst, aber die Arbeiten des Gelehrten bleiben für alle Zeiten. Das Streben nach Wissen ist die Pflicht eines jeden!“ 
  12. Die Genauigkeit der Berechnungen wurde erst von Tycho Brahe übertroffen. 
  13. Novastan.org: Die nationale Identität Usbeksitans 2.0: Das Erbe einer Debatte
  14. Artikel zum Thema 'usbekischer islamischer Terrorismus':
    - Novastan.org: Terrorismus: Warum gibt es so viel usbekische Attentäter?
    - Novastan.org: Der IS in Zentralasien - ein Mythos?
    - Wikipedia:Islamische Bewegung in Usbekistan
    - Rauf Ceylan: Fundamentalismus, Islamismus und Dschihadismus als antimodernistische Gegenentwürfe (PDF)
    - Andreas Keller: Der Dschihadismus als transnationale soziale Bewegung (PDF)
    - SZ: Mit einem Phantom wird Politik gemacht
    - Zeit: Islamismus: Was Terroristen antreibt 
  15. Deutschlandfunk: Zwischen Diktatur und Islamismus

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