Sonntag, 14. Oktober 2018

Buchara-i-Scherif (Buchara die "Edle, "Heilige") an der Großen Seidenstraße - Part 2

Fortsetzung des Posts Buchara-i-Scherif (Buchara die "Edle, "Heilige") an der Großen Seidenstraße - Part 1

Torhaus Chor Minor, Buchara Hofmoschee der Nekropole Chor Bakr bei Buchara Haupthof des Sommerpalastes Sitorai Mohi Xosa bei Buchara

Während 2 Leidensgenossinen unserer Reisegruppe noch mit Magen-Darm-Beschwerden und Nebensymptomen kämpfen, haben sich meine Beschwerden in einer unruhigen Nacht immerhin soweit beruhigt, dass ich mit reduzierter Vitalität am gemeinsamen Besichtigungsprogramm teilnehmen kann. Am Vormittag besuchen wir Sehenswürdigkeiten ca. 10 km außerhalb des Stadtzentrums. Der Nachmittag steht zur freien Verfügung und gibt uns Gelegenheit zu einem Abschiedsrundgang im historischen Zentrum. 

Der aktuelle Post ist Teil einer Post-Serie, die über Etappen und Erlebnisse einer Reise entlang der Seidenstraße in Usbekistan berichtet:

Nekropole Chor Bakr - Fotoserie: Chor Bakr
Kuppelgräber der Nekropole Chor BakrChanaka, Minarett, Hofmoschee und Kreuzkuppelmoschee der Nekropole Chor Bakr Der Ort der Nekropole war ehemals Zentrum eines Derwisch-Ordens und umfasst eine ältere Grabanlage mit Bauwerken aus dem 10. bis 13. Jahrhundert und Mausoleen der islamischen Heiligen Abu-Bakr-Achmed und Abu-Bakr Saad. Abdullah II., Khan der Scheibaniden-Dynastie, ließ die Anlage in den Jahren 1560–1563 als Familiengrabstätte ausbauen. Um einen Hof, vor dem ein Wasserbecken liegt, sind drei miteinander verbundenene Gebäude angeordnet, eine Chanaka, eine Kreuzkuppelmoschee und eine Hofmoschee. Den Komplex ergänzt ein kleines Minarett. Kuppelgräber sind über mehrere Höfe verteilt. Unseren Besuch der aktiven Kreuzkuppelmoschee erwartet ein Mullah. Er singt für uns die 1. Sure des Korans.(1) Auf die Frage, warum er beim Gebet seine Handflächen hebt und diese nach oben zur Decke zeigen, antwortert er, dass man damit zeige, Sklave, Diener, hifsbedürftiger Mensch zu sein.



Sommerpalast Sitora-i Mohi Khosa - Fotoserie: Sommerpalast
Haremsgebäude des Sommerpalastes Sitorai Mohi Xosa bei BucharaHaupteingang zum Sommerpalast Sitorai Mohi Xosa bei Buchara Die Sommerresidenz Sitora-i Mohi Khosa der Emire von Buchara liegt außerhalb des Zentrums in einem Park. Der Name der Residenz bedeutet: "Ort, an dem sich Mond und Sterne begegnen". Der aktuelle Bau entstand 1912–1918 unter Alim Khan, letzter Emir von Buchara. Mehrere Vorgänger-Bauten sind nicht erhalten. Architektur und Einrichtungen der Residenz mischen orientalische und westliche Elemente zu einem kitschigen Stil.
Im ehemaligen Haremsgebäude ist ein Museum für angewandte Kunst untergebracht. Im Teich neben dem Haremsgebäude badende Haremsdamen beobachtete der Emir von einer Art Hochstand und warf seiner Auswerwählten der nächsten Nacht eine Frucht zu.


Torhaus Chor Minor
Torhaus Chor Minor, Buchara Inmitten eines traditionellen Wohngebietes von Buchara ließ der wohlhabende turkmenische Kaufmann Xalfa Niyozqul 1807 die große Anlage Chor Minor bauen, deren ursprüngliche Funktion unsicher ist.(2) Von der Anlage sind nur das ehemalige Torgebäude mit 4 Minaretten und kleinere Nebengebäude erhalten. Die 17 m hohen Minarette sind keine echten Minarette, sondern Ziertürme. Ursprünglich sollen sich auf allen 4 Türmen Storchennester befunden haben. Mit der Trockenlegung der meisten Wasserbecken in Buchara sind Störche verschwunden. Auf einem der Türme ist ein albernes Plastik-Storchenpaar angebracht. Das einzigartig originelle Gebäude ist ein Touristenmagnet.






Rundgang im historischen Zentrum - Fotoserien: Kalon Komplex, Hotel Zargaron, Altstadt
Kalon-Minarett Buchara im Sonnenuntergang Mir-Arab-Medrese, Alim-Khan-Medrese, Kalon-Minarett im Kalon-Komplex, Buchara Innenhof der Kalon-Moschee, Buchara

Höhepunkt des historischen Zentrums ist das aus vier Bauwerken bestehende Ensemble des Kalon-Komplexes: Kalon-Minarett, Kalon-Moschee, Mir-Arab-Medrese, Emir-Alim-Khan-Medese. Kalon-Moschee und Mir-Arab-Medrese stehen sich im Kosch-Prinzip gegenüber.(3) Die Kalon-Moschee gilt nach der Bibi-Khanum-Moschee in Samarkand (siehe Post vom 10.10.2018) als zweitgrößte Medrese in Zentralasien und bietet Raum für 12.000 Gläubige. Während Architektur und Ausstattung der Bibi-Khanum Moschee als Abbild des Paradieses konzipiert sind (das an Architektur-Grenzen des damals Machbaren scheiterte), wirkt die Kalon-Moschee askethisch, streng und ernst. Uns gefällt diese Fokussierung.

Minarett der Kalon-Moschee BucharaKalon-Minarett, BucharaMondsichel am Kalon-Minarett, Buchara

Zwischen den beiden Medresen ragt das im frühen 12. Jahrhundert gebaute Kalon-Minarett auf, Überrest einer großen Freitagsmoschee, die vermutlich 1220 bei der mongolischen Eroberung zerstört wurde und ehemals das weltweit höchste frei stehende Bauwerk war. Dschingis Khan ließ Buchara vollständig zerstören. Vom Kalon-Minarett war er derart beeindruckt, dass er es verschonte.(4)
Vom 48 m hohen Minarett riefen Muezzine fünf Mal am Tage zum Gebet. Darüber hinaus hatte das Kalon-Minarett weitere Funktionen als Landmarke und Leuchtturm für Handelskarawanen oder als Wachturm, von dem in Kriegszeiten (also fast immer) Bewegungen heranziehender Feinde beobachtet wurden. Im 18. und 19.Jh. bekam das Minarett eine weitere Funktion als Richtstätte für Hinrichtungen. Wenn Gläubige zum Freitagsgebet in die Moschee strömten, wurden zum Tode Verurteilte in einem Sack von der Laterne des Minaretts in die Tiefe gestürzt.(5)


Toqi Zargaron Basar am Morgen, Buchara In 100-200 m Entfernung liegen mehrere Kuppelbasare, die im 16. Jahrhundert in der Scheibaniden-Dynastie errichtet wurden, um den Handelsplatz Buchara wetterunabhängiger zu machen. Diese Funktion erfüllen die gut erhaltenen Kuppelbasare auch in der Gegenwart. Besucher streifen auf der Suche nach Souvenirs kauffreudig durch Boutiquen, Shops, Werkstätten, Galerien, Cafés. Gegenüber den Angeboten sind wir immun und erstehen nur gezielt eine CD mit traditioneller Musik, die wir nutzen wollen, um Diashows mit authentischer Musik zu unterlegen.





Café Wishbone, Buchara Unser Rundgang endet im Café Wishbone, das von der Mannheimerin Gertrud  Schrenk betrieben wird und sich mit seinem Kuchenangebot nach deutschen Rezepten unter Touristen einen fast schon legendären Ruf erworben hat. Aufgrund noch nicht vollständig überwundener Magen-Darm-Probleme ersetzen Kaffee und Kuchen das vorgesehene Dinner. Prinzipiell ist das kein Problem, aber ausgerechnet heute wird am Abend das usbekische Nationalgericht Plov serviert, eine zentralasiatische Variante des orientalischen Pilaw. Jede Familie hat ihr eigenes Rezept. Die in einem Familienrestaurant angebotene Variante schmeckt unserer Gruppe ausgezeichnet.




Anmerkungen
  1. Wikipedia: Al-Fātiḥa
  2. Chor Minor bedeutet vier Minarette. Die genaue ehemalige Funktion der Anlage ist unbekannt.
  3. Bernhard Peter beschreibt das Kosch-Prinzips ausführlich mit Beispielen von : Das Kosch-Prinzip in der Archtektur
  4. Ausführliche Beschreibung des Kalon Minaretts von Bernhard Peter: Das Kalon-Minarett in Bukhara
  5. Traditionell wurden öffentliche Bestrafungen und Hinrichtungen auf dem Registan vor der Zitadelle Ark praktiziert.

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