Von Samarkand reisen wir per Bus 280 km auf der internationalen Fernstraße M37 nach Buchara. Die Route verläuft auf einem Abschnitt der Hauptroute der antiken Seidenstraße. Diese darf man sich nicht als feste Verkehrs- und Handelswege vorstellen (wie z.B. Römerstraßen), sondern als eine Kette von Ortschaften, Oasen und Karawansereien, die Handelskarawanen auf dem Weg durch Trockengebiete, Wüsten und Berglandschaften als Stützpunkte nutzten. In der Gegenwart ist die Fernstraße M37 zwischen Samarkand und Buchara selbstverständlich eine befestigte Straße, die jedoch vom Komfort einer Autobahn oder eines Highways weit entfernt ist. Die M37 präsentiert sich als ruppige Schlagloch-Piste. Unser Golden Dragon Bus aus chinesischer Produktion ist relativ neu, aber kein Hightech-Produkt, das mit Luftfederung über Schlaglöcher gleiten könnte. Unebenheiten meldet unser Bus rurmpelnd an Insassen. Vor Schlaglöchern reduzieren unsere Fahrer die Geschwindigkeit. Ob das mit Rücksicht auf die Technik oder mit Rücksicht auf die Insassen geschieht, bleibt ungeklärt. Beschleunigungen nach Bremsmanövern quittiert der Motor röhrend und malend. Wir wollen uns nicht beklagen. Handelskarawanen legten unter weit schwierigeren Bedingungen 25-40 km am Tag zurück. Selbst für geübte Wanderer wäre das eine stramme Leistung. Für 280 km hätte eine Karawane ca. 10 Tage benötigt. Wir benötigen 4,5 Stunden Fahrzeit. Tatsächlich sind wir jedoch inklusive Reiseprogramm fast 8 Stunden unterwegs.
Der aktuelle Post ist Teil einer Post-Serie, die über Etappen und Erlebnisse einer Reise entlang der Seidenstraße in Usbekistan berichtet:
- Reise nach Taschkent in Usbekistan
- Reise von Taschkent nach Samarkand an der Seidenstraße
- Buchara-i-Scherif an der Seidenstraße in Usbekistan - Part 1
- Buchara-i-Scherif an der Seidenstraße in Usbekistan - Part 2
- Reise auf der Großen Seidenstraße von Buchara nach Chiwa
- Weltkulturerbe Chiwa an der Seidenstraße in Choresmien, Usbekistan
- Reise von Chiwa nach Taschkent
Seidenstraße on the road - Fotoserie: Busreise




Aufsichtspersonal von Toiletten (in der Regel Frauen), scheint lediglich für das Kassieren von Nutzungsgebühren zuständig zu sein. Mitunter überreichen sie auch grobe graue Papierblätter. Unabhängig von Papier und vom Grad der Sauberkeit beträgt die Gebühr meistens 1.000 Sum, ca. 10 Cent, von denen man stets einige Scheine vorhalten sollte. Zusätzlich zählen Klopapier, Feuchttücher und Desinfektionsmittel bei Reisen in Usbekistan zu unentbehrlichen Utensilien.
Karawanserei Rabat-e Malik - Fotoserie: Rabat-e Malik


Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich die mit einer stupaartigen Kuppel überbaute Zisterne Malik Sardoba, die die Karawanserei mit Wasser versorgte. Wasser aus dem Fluss Serafschan gelangt durch einen unterirdischen Kanal zur Zisterne. Der Wasserspiegel wird über eine Rampe mit Treppe erreicht.
Imbiss bei der Töpferfamilie Narzullayev in Gijduvan - Fotoserie: Gijduvan



Vor der Weiterreise schenken unsere Busfahrer usbekischen Cognac aus, selbstverständlich als gesundheitsfördernde Maßnahme. Usbekischer Cognac und usbekischer Wodka sind von beachtlicher Qualität, die weit über der Qualität von Wein liegt bzw. über der Qualität jener Weine, die wir probieren konnten.
Willkommen im Orient - Buchara-i-Scherif (Buchara die "Edle, "Heilige") - Fotoserien: Ankunft Buchara, Kalon-Komplex
Laut Meyers Konversationslexikon hatte Buchara Ende des 19. Jahrhunderts 360 Moscheen, 103 Medresen, 24 Basare, 38 Karawansereien und 16 Hammams. Buchara galt als Ort des guten Geschmacks und Sitz von Gelehrsamkeit und Heiligkeit. Die Realität war zumindest im Emirat Buchara eine völlig andere.(2) Für Ungläubige war Buchara eine verbotene Stadt. Wer dennoch in die Stadt kam und als Ungläubiger erkannt wurde, den stürzten Religionswächter vom höchsten Minarett der Stadt.(3) Stürze vom Minarett wurden in Buchara als eine von mehreren Arten der Todesstrafe bis zum Ende des Emirats im Jahr 1920 praktiziert.
In der Gegenwart ist Buchara noch immer ein orientalischer Handelsplatz, aber die Dynamik von Veränderungen hat auch Buchara nicht ausgelassen. Die Menge an Moscheen, Medresen, Basaren, Karawansereien und Hammams ist deutlich kleiner geworden. Erhaltene und aufwändig restaurierte oder rekonstruierte Bauwerke sind größtenteils zu Werkstätten von Handwerksbetrieben, Museen, Galerien, Shops, Hotels, Restaurants, Cafés etc. umfunktioniert. Sklavenhandel ist abgeschafft und ungläubige Besucher werden nicht mehr von Minaretten gestürzt, sondern im Gegenteil freundlich begrüßt. Geschäfte werden nämlich jetzt mit Tourismus gemacht. Touristen aus Europa und Übersee erwarten, in Buchara orientalische Authentizität zu finden und übersehen oft: "Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet" (Hans Magnus Enzensberger). Anderderseits ist nicht zu verkennen, dass ohne Tourismus als bedeutender usbekischer Wirtschaftsfaktor der Erhalt des historischen Erbes fraglich wäre.




Das Besichtigungsprogramm in Buchara beginnt morgen. Bis zum Abendessen im Hotel nutzen wir die Zeit für einen Rundgang in der Altstadt bei untergehender Sonne.
Anmerkungen
- GTAI: In Usbekistans Weinbranche bricht eine neue Ära an
- Aus Moral, Sitten und Gebräuche im Emirat Buchara geht der Post ein: Buchara-i-Scherif an der Seidenstraße in Usbekistan - Part 1
- FAZ: Minarette, Moscheen und Medresen
Reisebericht Claudia Strössner: Usbekistan - Im Land von 1001 Nacht - Teil 4
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