Montag, 23. September 2019

Epidauros, Asklepieion und Mykene in Argolis, Peloponnes(1)

Löwentor MykeneTheater von Epidauros Das heutige Programm auf der Halbinsel Peloponnes startet von Nafplio in Argolis.(2) In Argolis sind drei UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten gelistet, Epidaurus, Mykene, Tiryns, von denen wir die Ausgrabungen von Epidauros und Mykene besuchen.(3) Den Vormittag nutzen wir für Besichtigungen in Epidaurus. Ehe Besucherströme aus Athen eintreffen, sind wir am Morgen im Theater von Epidaurus nahezu exklusive Besucher.



Theater und Asklepieion von Epidauros - Fotoserie Epidauros
Teilnehmer der Reisegruppe im Theater von EpidaurosReiseleiterin Marina rezitiert im Theater von Epidauros aus Antigone von Sophokles Das vollständig aus Marmor gebaute Theater von Epidauros gilt als das vollkommenste aller noch erhaltenen Theater der Antike. Die seitlichen Zugangsportale zur runden Spielfläche (Orchestra) sind rekonstruktiert. Vollständig erhalten ist die Tribüne für 14.000 Zuschauer. Vom Bühnenhaus (Skené) hinter der runden Orchestra existieren noch die Fundamente. Das Theater von Epidauros ist berühmt für seine phänomenale Akustik, durch die selbst flüsternde Schaupieler auf allen Plätzen zu verstehen sind. Mit einer Passage aus der Antigone von Sophokles vermittelt Reiseleiterin Marina nicht nur die Akustik, sondern auch die Atmosphäre des antiken Theaters und die Dramatik antiker Tragödien.


Heiligtum des Heilgottes Asklepios in EpidaurosStadion von Epidauros Das Theater von Epidauros ist Teil des Asklepieion, Heilgtum des Asklepios, altgriechischer Gott der Heilkunst.(4) Wie alle Heiligtümer, war auch das Asklepieion mit mehreren Tempeln, einem Theater sowie mit einem Stadion inklusive Nebengebäuden ausgestattet. Im Abstand von 4 Jahren fanden im Rahmen Panhellenischer Spiele zu Ehren des Heilgottes Asklepios im Asklepieion die Asklepieia statt, athletische und musische Wettkämpfe.


Die eigentliche Bestimmung dieses Heiligtums diente der Heilung psychosomatischer Erkrankungen. Erkrankte wurden für unbestimmte Zeiträume in Sanatorien des Heilgtums aufgenommen, um Kulthandlungen, Kuren und Heilschlaf zu praktizieren. Wenn mit Hilfe von Priestern und Orakeln der Zeitpunkt einer Heilung erwartet wurde, schliefen Kranke im Abaton und wurden von ihren Leiden befreit. Ob der Heilungserfolg von Göttern herbeigeführt wurde oder aus einer Mischung von Kurbehandlungen, Autosuggestion und Selbstheilungskräften resultierte, ist für Heilung Suchende unmaßgeblich. Nur der Erfolg zählt. Das antike Asklepieion war berühmt für seine Heilerfolge. Diese stellten sich jedoch nicht immer ein und konnten auch nicht garantiert werden. Falls Kranke nach mehreren Monaten Aufenthalt den Zeitpunkt einer Heilung nicht erreichten, erklärten Priester, dass sich die Götter von dem betroffenen Erkrankten abgewendet hätten, daher keine Heilung möglich sei und der Erkrankte das Asklepieion ohne Heilung verlassen müsse.


Besichtigung der bronzezeitlichen Burganlage von Mykene - Fotoserie Mykene
Rampe zum Burghügel Mykene Nach einer Mittagspause im Restaurant Homer am Rand des neuzeitlichen Mykene besichtigen wir am Nachmittag die bronzezeitliche Burganlage von Mykene. Bewohnt war die Oberstadt seit dem Neolithikum ab ca. 3500 v. Chr.. Zu seiner Blütezeit war Mykene zwischen 1600 und 1200 v. Chr. eine der bedeutendsten Städte des vorklassischen Griechenlands, nach der die mykenische Kultur benannt ist. Um 1200 v. Chr. setzte aus nicht bekannten Gründen in den Dark Ages Mykenes Niedergang ein. Homer beschreibt Agamemnon in der Ilias als König von Mykene und Heerführer der Allianz der Achaier im Trojanischen Krieg.(5)





Fürstengrab innerhalb der Befestigung von Mykene Nach Grabungen in Kleinasasien auf der Suche nach Troja begannen ab 1878 Heinrich Schliemann und Wilhelm Dörpfeld mit Grabungen in Mykene und stießen in Grabanlagen auf umfangreiche Goldfunde, die in der Gegenwart im Archäologischen Nationalmuseum Athen aufbewahrt werden, wo wir sie gestern zusammen mit Fresken und zahlreichen anderen Artefakten der mykenische Palastzeit besichtigen konnten.(6) Heute besichtigen wir mykenische Ruinen, denen diese Artefakte entnommen sind. In der nur teilweise ausgegrabenen Unterstadt sind mehrere Grabanlagen freigelegt, bei denen es sich um Fürstengräber handelt. Ältere Gräber sind bis ca. 1600 v. Chr. als Schachtgräber angelegt. Ab 1600 v. Chr. wurden architektonisch aufwändige bienenkorbähnliche Tholosgräber (Kuppelgräber) errichtet.


Löwentor Mykene Von der Unterstadt führt eine Rampe zur Oberstadt, die von einer in mehreren Bauphasen errichteten Zyklopenmauer umgeben ist. Zugang in die Oberstadt erlauben 2 Tore. Das Löwentor im Nordwesten (Foto s.o.) ist der Hauptzugang zur Oberstadt. Benannt ist das Tor nach einem Relief mit 2 Löwen, die das Entlastungsdreieck über dem Tor verzieren. Am Löwentor entstehen permanent Staus, weil das Tor eine beliebte Fotokulisse für Gruppenfotos und Selfies abgibt. Im Norden der Burg existiert ein weiteres kleines Tor ohne Verzierungen, das von Besuchermassen verschont bleibt. Innerhalb der Mauer bestehen Tholosgräber, denen die Kuppel abhanden gekommen ist sowie Fundamente von Vorratsräumen und Wohntrakten. Unterirdische Quellen versorgten Zysternen der Burg mit Wasser.



Marina rezitiert aus der Orestie von AischylosMarina rezitiert am Nordtor von Mykene aus Elektra von Sophokles Auf unserem Rundgang rezitiert Reiseleiterin Marina aus der Orestie von Aischylos die Ermordung Agamemnons.  Am Nordtor der Burganlage liest Mariana eine bewegende Passage aus Elektra von Sophokles.(7)







Vollständig erhaltenes Kuppelgrab außerhalb der Befestigung von MykeneVollständig erhaltenes Kuppelgrab außerhalb der Befestigung von Mykene Den Abschluss unseres Besuchs bildet ca. 400 m südwestlich der Oberstadt eine Besichtigung des Schatzhaus des Atreus, ein von Heinrich Schliemann 1874 freigelegtes, nahezu vollständig erhaltenes Königsgrab, das um 1250 v. Chr. als unterirdischer Tholosbau angelegt wurde.(8) Zum Kuppelgrab führt ein monumentaler Dromos mit 6 m Breite und 36 m Länge, eingefasst von einer auf mehr als 10 m Höhe ansteigenden Zyklopenmauer aus Konglomeratblöcken. Das 5,40 m hohe Eingangstor überdachen 2 Decksteine, von denen der größere ca. 120 t Masse hat. Ein Entlastungsdreieck über dem Türsturz verteilt das Gewicht des Gewölbes auf die Seitenwände und entlastet die Deckbalken. Die 13,50 m hohe Grabkammer hat einen Durchmesser von 14,60 m und wurde aus 33 Lagen waagerecht übereinander geschichteter Steine bienenkorbartig ohne Verwendung von Mörtel als sog. Falsches Gewölbe errichtet. Bis zum Neubau des Pantheons in Rom unter Kaiser Hadrian war dieser Tholos über 1300 Jahre der weltweit größte Kuppelbau.


Anmerkungen
  1. Charakteristische Merkmale und Besonderheiten der Antike trägt ein separater Post strukturiert zusammen: Athen und Griechenland im Zeitraster - Architektur der Polis - Genealogie der griechischen Götterwelt - Kriegskultur
  2. Die Reise nach Nafplio beschreibt ein Post vom 22.09.2019: Reise von Athen nach Nafplio
  3. Das antike Argolis war eines der bedeutendsten Zentren Mykenischer Kultur. Benannt ist Argolis nach der Stadt Argos, bis zum Beginn des 6. Jh. v. Chr. die mächtigste Polis auf dem Peloponnes, ehe sie von Sparta abgelöst wurde. Argos gilt als die älteste kontinuierlich besiedelte Stadt Europas. 
  4. Asklepios (deutsch Äskulap), Sohn des Apollon und der Koronis, ist in der griechischen Mythologie der Begründer der Heilkunst. Das Symbol der Schlange, die sich um den Äskulapstab windet, weist Asklepios als von der Erde abstammende chthonische Gottheit aus.  
  5. Geschichtswissenschaftlich lässt sich weder die Existenz eines Königs Agamemnon noch der Dichter Homer als Autor der Ilias und der Odyssee belegen. Seit der Spätantike findet eine bis heute nicht abgeschlossene Diskussion über die Homerische Frage statt. Strittig sind die Historizität und Lokalisierung von Troja.
  6. Post vom 22.09.2019: Stadtrundfahrt Athen und Besuch des Archäologischen Nationalmuseums
  7. Kurzfassung der Agamemnon-Elektra-Orestes-Mythologie:
    Gemäß Mythologie war
    Agamemnon in Mykene mit Klytaimnestra verheiratet. Kinder dieser Ehe sind die Töchter Iphigenie und Elektra sowie die Söhne Orestes und Chrysothemis. Als König von Mykene und Heerführer der Allianz der Achaier im Trojanischen Krieg stellte Agamemnon lt. Schiffskatalog der Ilias 100 Schiffe für den Kampf gegen Troja bereit, mehr als jeder anderer Held oder jede andere Polis. Die Schiffliste zeigt Agamemnons Größe und Macht. (Anmerkungen zu Homers Schiffskatalog von Michael Siebert: Homers Schiffskatalog: Flottenschau vor dem "Seevölkersturm" (PDF))
    Die Flotte der Achaier kann jedoch nicht auslaufen, weil Agamemnon den Zorn der Göttin Artemis erregt hat, als er einen Hirsch in ihrem heiligen Hain getötet hat und sich dann auch noch als besserer Jäger im Vergleich mit Artemis rühmte. Artemis rächt sich, indem sie Schiffe der Flotte mit Gegenwind festhält, sodass der Krieg gegen Troja zunächst nicht beginnen kann. Agamemnon befragt den Seher Kalchas, wie Artemis zu besänftigen sei. Kalchas empfiehlt Agamemnon, dessen Tochter Iphigenie der Göttin Artemis zu opfern, wozu Agamemnon bereit ist. Artemis erbarmt sich. Auf dem Altar tauscht sie Iphigenie gegen eine Hirschkuh aus, entführt Iphigenie nach Tauris und stoppt den Gegenwind. Der Trojanische Krieg kann stattfinden.
    Während Agamemnon mehr als 10 Jahre gegen Troja kämpft, legt sich dessen Frau
    Klytaimnestra einen Liebhaber zu, Aigisthos. Nach siegreicher Beendigung des Trojanischen Kriegs kehrt Agamemnon mit der trojanischen Seherin Kassandra (Tochter des Priamos) nach Mykene zurück. Klytaimnestra und ihr Geliebter Aigisthos ermorden Agamemnon und Kassandra. Aigisthos will auch Orestes töten, der jedoch gerettet und fern der Heimat von Strophios, König von Phokis, aufgezogen wird.
    Elektra fordert Rache für den Mord am Vater und bittet ihren Bruder Orestes um Hilfe. Orestes zögert lange und
    befragt schließlich das Orakel von Delphi, das ihm zur Rache rät. Nach langjähriger Abwesenheit kehrt Orestes inkognito nach Mykene zurück. Nach kompliziertem Verwirr- und Versteckspiel gibt sich Orestes seiner Schwester Elekra zu erkennen und tötete seine Mutter Klytaimnestra samt ihrem Liebhaber Aigisthos.
    Da
    Muttermord als schlimmstes aller Verbrechen gilt, beginnt in der Mythologie für Orestes eine Serie neuer Abenteuer, durch die er sich vom Muttermord reinigen musste. Schließlich kehrt Orestes nach Mykene zurück und übernimmt das Königreich seines Vaters Agamemnon.
  8. Benannt ist die Grabanlage nach dem mythischen König Atreus. Gemäß Mythologie war Atreus Vater von Agamemnon. Die Zurdnung des Grabs zu Atreus erfolgte aufgrund von Pausanias Reiseberichten. Historisch lässt sich die Zuordnung nicht belegen.

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